Wir verdienen Geld gegen die Armut“ titelte der Stern im Sommer in einem Artikel über die drei Gründer des Projekts „Lemonaid“. Die Männer produzieren Limonaden und Tees aus biologisch angebauten und fair gehandelten Rohstoffen. Für jede verkaufte Flasche zweigen sie fünf Cent für ihren eigenen Verein ab, der Hilfsprojekte in Entwicklungsländern unterstützt. Das hat ihnen den Deutschen Gründerpreis eingebracht.
Unternehmer sind die neuen Helden der Entwicklungszusammenarbeit. Sie sind angeblich effizienter, markt- und wirkungsorientierter als die alteingesessenen Hilfswerke. Und es ist wunderbar, dass es solche Unternehmer gibt. Aber sollte es nicht normaler Unternehmensstandard sein, mit anständigen Methoden, fairen Preisen und Gehältern und auch umweltbewusst zu produzieren? Was ist daran so besonders, dass es einen Preis dafür gibt?
Mehr und mehr Unternehmer fühlen sich berufen, die Welt zu retten, indem Sie ihr Vermögen einem guten Zweck zur Verfügung stellen. So trat auch Susanne Klatten jüngst vor die Presse und kündigte eine Großspende an. Das Geld soll wirkungsvoll eingesetzt werden, hieß es. Das ist ein guter Vorsatz, aber keineswegs neu.
In der Entwicklungszusammenarbeit gehört die Wirkungsorientierung seit langem zum Standard. Etablierte Hilfswerke legen bei jedem ihrer Projekte Ziele und Indikatoren fest, an denen sie deren Wirkungen messen. Außerdem schulen Sie Projektträger, um Sinn und Methoden von Wirkungsorientierung zu vermitteln. Um besser zu werden, lassen sie ihre Messergebnisse in die Steuerung zukünftiger Projekte einfließen. Das ist sinnvoll und nötig, aber nicht ausreichend. So einfach ist es leider nicht, die Welt zu retten. Es geht um mehr: um soziale und politische Prozesse, um einen gesellschaftlichen und auch wirtschaftlichen Wandel.
Kein Soziallabor für Wohltäter
Unternehmer sollten daher entsprechend ihrer Kernkompetenzen auch eine gerechte und faire wirtschaftliche Entwicklung vorantreiben. Wieso ist faires und nachhaltiges Wirtschaften nicht eine Selbstverständlichkeit, sondern preiswürdig? Den Armen wäre damit deutlich mehr geholfen als mit den Spenden, die aus den Gewinnen abfallen. Natürlich wird nach wie vor jeder Cent für die Entwicklungszusammenarbeit gebraucht – auch aus Unternehmerspenden. Aber ist es nicht sinnvoller, die je eigene Professionalität von Unternehmern und erfahrenen Hilfswerken sowie die der Zivilgesellschaft zusammen zu bringen? So könnte beispielsweise eine zivilgesellschaftlich aufgebaute Genossenschaft, deren interne Strukturen stark sind, Partner eines Handelsunternehmens sein, welches deren Produkte qualifizieren und vermarkten hilft.
Wieso glauben Unternehmer, dass erst sie durch ihr Eingreifen eine Sache richten können, und es damit besser machen als andere zuvor? Tatsächlich ist das starke Engagement der Unternehmer in der Entwicklungszusammenarbeit ein relativ neues Phänomen. In den letzten 50 Jahren waren es vor allem die Kirchen und ihre Hilfswerke, die in Afrika große Teile des Schul- und Gesundheitswesens aufrechterhalten haben.
Sozialkapital aufzubauen ist eine hohe Kunst, und viele zivilgesellschaftliche Organisationen verstehen sich darauf. Aber dies zu messen, ist nicht einfach. Langer Atem ist dafür gefordert, schnelle Erfolge sind eher ungewöhnlich. Die Armen sind kein Soziallabor für Wohltäter, sondern benötigen professionelle Unterstützung, die ihre Würde und ihre Fähigkeiten anerkennt und sie in die Unabhängigkeit begleitet.
Sie wollen nicht auf ewig Almosen empfangen, sondern Teil einer funktionierenden, auch wirtschaftlich inklusiven Gesellschaft sein, wo sie sich als Bürger einbringen können und Rechte erhalten. Nationale und internationale Unternehmer können dabei tatsächlich eine entscheidende Rolle spielen. Sie wissen, wie wirtschaftliche Erfolge zu erzielen sind, wie man Jobs und Einkommen schafft. Das fehlt den Armen, aber eben nicht nur das.
Den Weg für gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Teilhabe ebnen, das wäre ein lohnenswertes Ziel unternehmerischer und unterstützender Tätigkeit in Nord und Süd. Hier voneinander zu lernen, aufeinander zuzugehen, die Kräfte zu bündeln und die jeweiligen Stärken zu ergänzen, das könnte die Welt tatsächlich ein Stück besser machen.
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