Die Deutsche Welthungerhilfe und das Kinderhilfswerk terre des hommes haben Anfang September ihren 24. gemeinsamen Bericht zur „Wirklichkeit der Entwicklungspolitik“ vorgelegt. Angelehnt an den Zielen der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung (SDGs) fordern sie von den Verantwortlichen der deutschen Entwicklungspolitik, niemanden zurückzulassen. Gemeint sind damit vor allem besonders verletzliche Gruppen wie Flüchtlinge, besonders arme Menschen oder Kinder und Jugendliche.
Erstmals enthalten in dem Bericht ist ein „Kompass“ mit Empfehlungen für die deutsche Entwicklungspolitik. Die beiden Organisationen nennen fünf Politikfelder, in denen sie vorrangigen Handlungsbedarf sehen, wenn Deutschland dem Anspruch, niemanden zurückzulassen, genügen will: Flucht und Migration, Armut überwinden, Hunger beenden, besonders verwundbare Gruppen stärken sowie die Perspektiven für die Jugend verbessern.
Abgesehen davon bewerten die Herausgeber die deutsche Entwicklungspolitik wie gewohnt im internationalen Vergleich und sehen in vielen Punkten Verbesserungsmöglichkeiten. Mehr Geld allein reiche nicht, auch die Qualität und die Wirksamkeit der Politik müssten besser werden. Gemessen am Index zur Qualität der Entwicklungszusammenarbeit (QUODA) des Washingtoner Center for Global Development befindet sich Deutschland bestenfalls im Mittelfeld. Der Index, auf den sich die Welthungerhilfe und terre des hommes in ihrem Bericht berufen, bemisst Qualität anhand von 31 Indikatoren aus den vier Bereichen Effizienz, Transparenz, Förderung von Institutionen in den Partnerländern sowie Entlastung der Partner.
Undurchsichtige Finanzen
Mit Platz 30 von 31 untersuchten Gebern schneidet die deutsche Entwicklungspolitik besonders schlecht bei der Effizienz ab. Das bedeutet, dass die deutsche Entwicklungshilfe (ODA) strategisch nicht gut eingesetzt wird. Zudem werde weiterhin das Ziel nicht erreicht, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) an ODA bereitzustellen. Für 2015 ergibt sich eine ODA-Quote von 0,52 Prozent des BNE; darin enthalten sind allerdings Ausgaben zur Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland.
Mit Blick auf die UN-Nachhaltigkeitsziele sehen die Verfasser des Berichts Handlungsbedarf vor allem bei der Intransparenz des deutschen Finanzsystems, in der Klimapolitik sowie bei der heimischen Agrarpolitik, die der Landwirtschaft in Entwicklungsländern schade. Die Bundesregierung solle einen jährlichen Bericht ablegen, wie es um die Einhaltung der SDGs steht.
Die Welthungerhilfe und terre des hommes fordern zudem, dass Entwicklungszusammenarbeit, Nothilfe und Krisenbewältigung besser aufeinander abgestimmt werden. Deutschland solle sich außerdem stärker für eine internationale Friedens- und Sicherheitsarchitektur stark machen.
Ausdrücklich begrüßt wird der hohe Stellenwert der Sonderinitiative „EINEWELT ohne Hunger“ des Entwicklungsministeriums. Ernährungssicherung müsse weiterhin Vorrang haben. Doch die Initiative müsse hinsichtlich Strategie, Transparenz und Dialog mit den Partnerländern verbessert werden und zudem selbstkritischer evaluiert werden.
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