Eritreas langer Arm

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Die Vereinten Nationen zählen Eritrea in einem Bericht zu den Staaten mit der schlimmsten Menschenrechtsbilanz weltweit. Wie das Regime in der Hauptstadt Asmara seine Kritiker auch im Ausland drangsaliert, macht ein Fall in den Niederlanden deutlich.

Mirjam van Reisen ist Professorin für Internationale Beziehungen an der Universität Tilburg und hat am Expertenbericht zu Menschenrechten in Eritrea mitgearbeitet, der vergangenen Oktober im UN-Sicherheitsrat besprochen wurde. Für ihr entschiedenes Auftreten gegen die eritreische Diktatur habe sie drohende Botschaften über Twitter erhalten; jüngst sei sie auf dem Weg vom Flughafen nach Hause im südlichen Holland von einem Auto verfolgt worden.

Ende Januar musste sich Van Reisen vor Gericht gegen eine Verleumdungsklage verteidigen, die Meseret Bahlbi, aktives Mitglied der Partei von Diktator Isaias Afewerki und bis voriges Jahr Vorsitzender der Jugendorganisation (YPFDJ) dieser Partei in den Niederlanden, gegen sie angestrengt hatte. Van Reisen hatte in Rundfunkinterviews voriges Jahr darauf hingewiesen, dass zwei Geschwister von Bahlbi als Dolmetscher für die niederländische Einwanderungsbehörde arbeiten, was laut Medienberichten gegen niederländisches Recht verstößt. Ohne Bahlbis Namen zu nennen, erklärte van Reisen, dass der Bruder dieser beiden Mitarbeiter „als Angelpunkt des Nachrichtendienstes von Eritrea“ in den Niederlanden fungiere. Bahlbi zeigte van Reisen daraufhin wegen Verleumdung an.

Am 10. Februar wies das Gericht in Amsterdam die Klage und Bahlbis Forderung auf 25.000 Euro Schadenersatz ab. Im Urteil heißt es, es sei erwiesen, dass die YPFDJ als „langer Arm“ des Regimes von Eritrea diene, dass Bahlbi dort aktives Mitglied sei und dass diese Organisation für das Regime nachrichtendienstlich in den Niederlanden tätig sei.

Angstkultur auch in der Diaspora

Van Reisen hat mit ihren Hinweisen auf die Infiltration der eritreischen Diaspora durch Anhänger des Regimes in Eritreas Hauptstadt Asmara und ihre möglichen Verbindungen zu Mitarbeitern von niederländischen Behörden und Einrichtungen der Flüchtlingsversorgung einen wunden Punkt berührt. In mehreren Berichten und einem 2012 erschienenen Buch über Flüchtlinge aus Eritrea, Äthiopien und Sudan beschreibt sie die Zusammenarbeit des eritreischen Regimes mit Schlepperbanden, die mit der Erpressung von Flüchtlingen „eine wichtige Einkommensquelle“ der klammen Diktatur sei. Eritrea nehme „mit dem Verkauf seiner Bürger“ hunderte Millionen Dollar ein. Mafiose Banden in Sudan, Ägypten und in Westeuropa, auch in der Diaspora in den Niederlanden und Deutschland, setzten geflüchtete Eritreer mit Drohungen gegen zurückgebliebene Familienangehörige unter Druck.

Das niederländische Justizministerium teilte unterdessen mit, es werde geprüft, wie gegen derartige Vorgänge vorgegangen werden könnte. Eine Schwierigkeit ist dabei laut van Reisen, dass in der eritreischen Diaspora wie im Land selbst eine Angstkultur herrsche, weshalb die Betroffenen nicht zu sprechen wagten.

Zudem erpresse das Regime von exilierten Eritreern über seine Botschaften eine Art „Diaspora-Steuer“ in Höhe von zwei Prozent des Einkommens. Wer nicht zahlt, müsse mit Maßnahmen des Regimes gegen Familienangehörige zuhause rechnen. Der frühere Botschafter Eritreas in den Niederlanden, Andebrhan Giogis, der jetzt selbst als Flüchtling in den Niederlanden wohnt, bestätigt diese Angaben von van Reisen und der niederländischen Journalistin Sanne Terlingen. Van Reisen hatte deshalb in einem TV-Interview im vorigen September dafür plädiert, dass die Niederlande und alle EU-Länder die Botschaften und Konsulate Eritreas schließen.

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erschienen in Ausgabe 3 / 2016: Flucht und Migration: Dahin, wo es besser ist
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