Einen Rekordhaushalt bescheinigte sich Entwicklungsminister Niebel in der Bundestagsdebatte zum Etat 2011 stolz. Das ist nicht falsch, auch wenn das Plus gegenüber dem Vorjahr so bescheiden ausfällt, dass die Opposition zu Recht von Stagnation spricht – und darauf hinweist, dass der BMZ-Etat von 6,1 Milliarden Euro im nächsten Jahr in der mittelfristigen Finanzplanung der Bundesregierung nicht etwa weiter steigt, sondern sinkt.
Eigenlob hier, Kritik dort – das ist das übliche Rollenspiel im Bundestag. Nicht das übliche Rollenspiel ist, dass ein Entwicklungsminister in Vertretung der eigenen Sache die so genannte ODA-Quote, die den Anteil staatlicher Entwicklungsleistungen am Bruttoinlandprodukt bestimmt, spöttisch eine „heilige Kuh“ nennt. Bei 0,51 Prozent sollte sie schon in diesem Jahr laut international eingegangener Verpflichtungen liegen, bei 0,7 Prozent bis 2015. De facto liegt sie in Deutschland bei 0,4 Prozent, im internationalen Vergleich ein mäßiger Wert.
Es kommt auf die Wirkung an, nicht auf Prozentpunkte, sagt dazu Minister Niebel. Was wiederum nicht falsch ist, aber bis jetzt auf der bloßen Annahme gründet, mit mehr direkter (bilateraler) Hilfe plus stärkerer Einbindung der deutschen Privatwirtschaft lasse sich viel mehr bewirken als mit Zahlungen in internationale Hilfstöpfe, etwa den Globalen Aidsfonds oder den Tropenwald-Fonds in Ecuador. Dass es erstens schnell international kontraproduktiv werden kann, als eine der wichtigsten Geber-Nationen so eigensinnig aufzutreten, und es zweitens durchaus möglich wäre, mit Hilfe innovativer Finanzierungsinstrumente mehr Geld zu mobilisieren – daran erinnerten den Minister wiederum nicht nur Oppositionsabgeordnete, sondern auch sein Koalitionskollege Christian Ruck von der Union. Was ganz und gar nicht zum üblichen Rollenspiel solcher Debatten passt – aber zeigt, dass es in der deutschen Entwicklungspolitik derzeit drunter und drüber geht. (di)