Der Preiskampf marktbeherrschender Handelsketten führe allzu oft zu Menschenrechtsverstößen, Umwelt- und Gesundheitsschäden, kritisieren Organisationen des fairen Handels. Sie verlangen Regelungen möglichst auf europäischer Ebene, die offenlegen, mit welchen Mitteln Konzerne im konventionellen Handel ihren Preisdruck an kleine Erzeuger weitergeben. Diese könnten oft nicht mehr kostendeckend produzieren. Nur so könnten die Regulierungsbehörden Dumping-Beschwerden nachgehen. Mit dieser Forderung gehen die Organisationen in die diesjährige Faire Woche, die am 11. September im Dialog mit Entwicklungsminister Gerd Müller in Berlin eröffnet wird. Sie wollen und können den Preiskampf der großen Einzelhandelsketten nicht mitmachen und verlangen daher auf dem gesamten Markt mehr Transparenz.
Dass es gerechter – und für den Verbraucher nachvollziehbarer – zugehen kann, lebe der faire Handel seit 40 Jahren vor, sagen seine Vertreter. „Die Spirale der Profitmaximierung kann durchbrochen werde, so dass nicht nur der Käufer den Preis diktiert“, betont etwa Barbara Schimmelpfennig, Sprecherin der Handelsgesellschaft Gepa, im Vorfeld der Kampagne.
Fair zertifizierte Produkte seien jedoch oft nur nach zähen Verhandlungen in den Regalen von Discountern zu platzieren. „Wir lassen uns nicht auf Rabattschlachten ein“, sagt Schimmelpfennig, und fügt hinzu: „Wir schweben aber auch nicht über den Dingen und müssen uns in einem von Preisdumping gekennzeichneten Markt bewähren.“ Häufig sei es ein Mythos, dass fair gehandelte Lebensmittel und Kunsthandwerk teurer sein müssten, betont Martin Lang von der Ravensburger Importorganisation dwp. In einer partnerschaftlichen Beziehung zwischen Hersteller und Abnehmer entfalle der kostenträchtige Zwischenhändler. Aber: „Ein faires Produkt gibt es nicht zum Nulltarif.“
Faire Preise verhandeln ist aufwändig
Der Absatz fair gehandelter Waren in Deutschland hat sich in drei Jahren auf zuletzt mehr als eine Milliarde Euro verdoppelt. Damit führe der faire Handel noch immer ein Nischendasein. Doch der Zuwachs zeige, dass der kritische und bewusste Verbraucher bereit sei, mehr Geld in die Hand zu nehmen, meint der Geschäftsführer der Verbraucher-Initiative, Georg Abel. Er wolle im Gegenzug aber glaubwürdige Informationen über Herkunft und Herstellungsbedingungen. „Story und Qualität müssen stimmen.“
Das überwachen internationale Zertifizierungsketten wie FLOCERT oder im Herkunftsland geschulte Erzeuger. Sie kontrollieren, ob Produzenten vereinbarte Arbeits- und Anbaubedingungen einhalten und ob Käufer ihre Mindestpreise und Prämien zahlen. Wenn Produzenten das Fairtrade-Siegel beantragen oder auf Bio-Anbau umstellen möchten, übernehmen Importeure wie die Gepa die Kosten für das Anfangsaudit. Im laufenden Betrieb zahlen die Hersteller die Zertifizierung selbst. Sie bewegt sich im niedrigen einstelligen Prozentbereich der Produktkosten.
Die aufwändige Prozedur ist Bestandteil eines gerechten Preises, der zwischen Produzenten und Käufern auf Augenhöhe verhandelt wird. Das halten sich alle Fair- Trade-Organisationen zugute. Die Preisgestaltung gehe vom Produzenten aus, sagt Martin Lang für die Importseite. Am Ende entstehe ein Kompromiss zwischen den Erwartungen der Bauernorganisationen und den Möglichkeiten des Marktes, ergänzt Claudia Brück vom Verein Transfair. Der Verein stützt sich auf weltweite Kostenanalysen, um angemessene Mindestpreise zu kalkulieren. Feste Mindestpreise legt Fairtrade International inzwischen für 20 Rohstoffe wie Kaffee, Nüsse oder Obst fest.
So entstehen in der Regel langfristige und stabile Partnerschaften zwischen Kooperativen und Abnehmern. Dass nicht alle Produzenten sich darum reißen, liege auch daran, dass Fair Trade viele Pflichten mit sich bringe. Die Bezahlung falle zwar unterm Strich höher aus, dauere aber auch oft länger. Zwischenhändler lockten dagegen mit Krediten und schneller Kasse. „Es sind viele Händler unterwegs“, sagt Martin Lang, „und jeder verspricht das Gelbe vom Ei.“
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