Es stimmt ja: Nepals Regierung ist schwach, in der Politik dominiert eine Elite aus dem Katmandu-Tal, und das Gerangel der Parteien um Macht und Pfründen blockiert wichtige Beschlüsse – auch beim Katastrophenschutz. So liegt seit 2008 ein Gesetzentwurf auf Eis, der eine Behörde schaffen soll, die Katastrophenhilfe vorbereitet und koordiniert. Das Innenministerium wehrt sich, weil es Kompetenzen und internationale Hilfsgelder verlieren würde. Für Nepals Behörden, so jüngst eine Studie der Brookings Institution, hatte Katastrophenschutz keine Priorität – sie überließen das internationalen Agenturen, die nur zu gerne eingesprungen sind.
Doch das sollte niemanden wundern. Das Land hat einen Bürgerkrieg hinter sich, der nur zehn Jahre zurückliegt. Es gehört zu den ärmsten Ländern Asiens und hat kaum Industrie; viele Nepalesen verdienen ihr Geld als Wanderarbeiter im Ausland. Dringend sind Aufgaben wie der Ausbau des Gesundheitswesens, des Stromnetzes und der Justiz. Da wäre es erstaunlich, wenn knappe Mittel benutzt würden, um sich auf ferne, schwer absehbare Gefahren wie Erdbeben vorzubereiten.
Alte Stadtviertel einfach abreißen?
Auch die beste Regierung stieße beim Erdbebenschutz in Nepal auf enorme Schwierigkeiten. Dass viele Dörfer kaum erreichbar sind, hat die Hilfe erschwert – doch in den steilen Bergen ist der Straßenbau sehr schwierig und teuer. Und wie hätte man den Ballungsraum Kathmandu erdbebensicher machen sollen? Dazu bräuchte man neben Regeln für sicheres Bauen – die es erst seit 2014 gibt – auch Experten, um sie durchzusetzen. Selbst wenn man die hat: Sollen die Behörden in der rasch wachsenden Stadt „wilde“ Neubauten oder gefährdete alte Viertel abreißen und Bewohner umsiedeln, weil irgendwann die Erde bebt?
Die Regierung hat immerhin 2009 eine Strategie für Katastrophenschutz beschlossen und 2010 ein Nothilfezentrum geschaffen. Die Nothilfe verlief trotzdem wenig koordiniert. Doch dazu haben internationale Helfer erheblich beigetragen. So sind allein etwa 60 Rettungsteams eingeflogen, davon 14 aus der Europäischen Union. Da sie erst Tage nach dem Beben vor Ort waren, haben sie laut den Vereinten Nationen zusammen nur um die 20 Menschen aus den Trümmern gerettet. Schlecht vorbereitet war also nicht nur die Regierung in Kathmandu.
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