Umstrittener Umbau

Die Personalpolitik von Entwicklungsminister Dirk Niebel sorgt für Unmut. Das Ministerium (BMZ) verkomme zum „FDP-Versorgungswerk“, schimpft die Opposition. Auch der Koalitionspartner CDU/CSU wird nervös. Besonders Niebels Absicht, einen Oberst a. D. aus den eigenen Reihen zum Abteilungsleiter zu machen, stößt auf Widerstand.

Statt den profunden Sachverstand des Hauses zu nutzen, besetzten Minister Dirk Niebel und sein aus der FDP-Parteizentrale mitgebrachter Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz die schnell frei geräumten Spitzenposten ganz überwiegend mit unerfahrenen Parteifreunden, sagt der BMZ-Personalrat. Nach schon zehn Berufungen dieser Art reiche es jetzt. Ein Papier aus dem Bundesfinanzministerium weist für das BMZ einen Zuwachs von insgesamt bis zu 20 Stellen aus.

Dass die neue FDP-Führung, die bislang keinerlei Hausmacht im Ministerium hatte, sich eine aufzubauen sucht, sei „zunächst mal normal“, sagt ein Unionsmann. Dort sieht man sich zunehmend selber als Opfer; der Widerstand beim größeren Koalitionspartner wächst. Dirk Niebel indes weist alle Kritik zurück: Er entscheide nicht nach Parteibuch.

Die Opposition sieht „Abschied vom Primat des Zivilen“

Tatsächlich sind die Neubesetzungen nicht nur parteipolitisch, sondern auch inhaltlich motiviert. Der neue Leiter der Abteilung II, Harald Klein, kommt von der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung, wo er – halbwegs kompatibel zum bisherigen BMZ-Selbstverständnis – für internationale Politik zuständig war. Werner Bruns (Abteilung I) dagegen war zuletzt Leiter der Mittelstandsabteilung im Stuttgarter Wirtschaftsministerium. Und der

designierte Leiter der neu geschaffenen Abteilung IV, Friedel Eggelmeyer, bisher FDP-Sicherheitsberater, ist Oberst der Reserve. Besonders diese Personalie ist vielen suspekt. Die Opposition im Bundestag sieht, bestärkt von Äußerungen Entwicklungsminister Niebels, schon „den Abschied vom Primat des Zivilen“ in der Krisenpräventionsarbeit des Ministeriums kommen. Das Bundeskabinett wollte Ende Februar insbesondere über die Benennung Eggelmeyers entscheiden. Er wäre unter anderem für Afghanistan, den Nahen Osten und Nordafrika zuständig.

Aus dem Haus stößt nur Friedrich Kitschelt als neuer Leiter der Abteilung III in diesen Kreis der zweiten Führungsebene vor – auf Betreiben der Union. Nach dem Willen der Kanzlerin muss die BMZ-Führung außerdem Günter Nooke (CDU) als G8-Afrika-Beauftragten bei sich dulden, den Guido Westerwelle im Auswärtigen Amt nicht mehr als Menschenrechtsbeauftragten haben wollte.

In einer Hausmitteilung hält die neue Führung die Referate derweil zu „verstärkter individueller Auseinandersetzung“ mit den neuen Zielen der BMZ-Arbeit an. Dazu gehört zum Beispiel eine wesentlich stärkere Einbeziehung der deutschen Wirtschaft als bisher. Jede Referatsvorlage ist künftig mittels eines neuen „Strategiebarometers“ daraufhin zu durchleuchten, inwieweit sie mit den neuen sechs Geboten der BMZ-Arbeit verträglich ist: „Sichtbarkeit“, „Wirksamkeit“, „Beteiligung der Wirtschaft“, „Einbeziehung der Zivilgesellschaft“, „Bekämpfung der Bildungsarmut“ und „gute Regierungsführung“. Wobei die Leitung sich vorbehält, diese Prüfung selbst vorzunehmen.

 

erschienen in Ausgabe 3 / 2010: Mobilität - Die täglichen Wege
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