G7: Gegner oder Partner?

(21.04.2015) Beim G7-Gipfel will auch die Zivilgesellschaft ihren Einfluss geltend machen. Doch unter den Organisationen gehen die Meinungen auseinander, wie weit man sich mit den Mächtigen überhaupt einlassen soll. Das wurde bei einem Dialogforum mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin deutlich.

Das Verhältnis der Zivilgesellschaft zu den sieben führenden Industrienationen ist gespalten. Zum einen verkörpern diese das wirtschaftliche Wachstumsmodell, das viele der Probleme, die heute bekämpft werden, erst verursacht habe. Zum anderen gelten die G7 – gerade in Zeiten wichtiger Weichenstellungen vor den Weltgipfeln zu Klima- und Nachhaltigkeitszielen – noch als wichtiger Signalgeber.

Dennoch stellen sich nichtstaatliche Organisationen die Frage, wie viel Energie sie darauf verwenden wollen, ihre Anliegen in einen undurchsichtigen Prozess einzuspeisen, an dessen Ende vielleicht nur eine knappe Erwähnung in der Gipfelerklärung steht – wenn überhaupt. Die Tagesordnung bestimmt das Kanzleramt, die Fachministerien füllen die Schwerpunkte mit Inhalten. Und der Sherpa-Beauftragte schließt Kompromisse mit den Partnerländern. Der Raum für Einflussnahme ist also begrenzt.

Für ein Netzwerk wie CorA etwa, das sich für menschenrechtsbasierte Regeln in globalen Lieferketten einsetzt, ist der anstehende Gipfel denn auch nicht die erste Adresse. CorA konzentriert seine Kapazitäten lieber darauf, mit langem Atem Einfluss auf den Aktionsplan für globale Unternehmensverantwortung der Bundesregierung zu nehmen, der in diesem Jahr ausgearbeitet wird.

Andere Organisationen nehmen Kanzlerin Angela Merkel bei ihrem Wort, sie wolle in der Entwicklungszusammenarbeit eigene Akzente setzen. Gesundheitssysteme, die Teilnahme von Frauen am Wirtschaftsleben, Meeres- und Klimaschutz – das sind einige Schwerpunkte. Merkel holte sich Input aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften und eben auch von NGOs. Deren Forderungen haben der Dachverband VENRO und das Forum Umwelt und Entwicklung koordiniert und daraus ein kritisches Positionspapier für die G7 abgestimmt.

Ein Dialogforum ohne Fragen an die Bundeskanzlerin

Mitgewirkt daran hat ein breiter Querschnitt der Zivilgesellschaft. Ihre Vertreter stritten in Ministerien und Kanzleramt für den Schutz von Kleinbauern vor Landraub ebenso wie für Familienplanung. Die Zusammenarbeit mit Berlin und anderen G7-Regierungen sei sehr konstruktiv, lobt die Organisation „Save the Children“. Auch der britische Dachverband BOND hält anhaltenden Druck für lohnenswert. Hartnäckige und gute Analyse habe in den vergangenen Jahren Wandel bewirkt, sagt BOND-Chef Ben Jackson.

Noch beim Weltwirtschaftsgipfel 1992 in München hätten Ministerialbeamte es als Zumutung empfunden, sich mit den Kritikern auseinanderzusetzen, erinnert sich Jürgen Maier, Geschäftsführer von Forum Umwelt und Entwicklung. Acht Jahre später habe man dann mit allen Sherpas an einem Tisch gesessen. Dieses Privileg ist 2015 den Koordinatoren vom Forum und von VENRO vorenthalten.

Dennoch: Richtiger Dialog sehe anders aus, lautete so manche Kritik aus dem Publikum bei einem „Dialogforum“ zum Elmauer Gipfel, zu dem das Forum Umwelt und Entwicklung, VENRO und die Bundesregierung Anfang der Woche gemeinsam geladen hatten. Denn bei der Podiumsdiskussion mit Bundeskanzlerin Angela Merkel mussten Fragen von NGOs aus dem Publikum aus Zeitgründen unterbleiben. Die Episode galt als weiterer Beleg dafür, dass die G7 gerade für Kritiker doch eher verschlossen bleibe. 

Die Forderungen stehen am Ende nur im Gästebuch des Gipfels

Mitveranstalter Jürgen Maier begrüßte dennoch das Kommen der Kanzlerin: „Es ist besser, Kritik direkt zu platzieren, als sie den Briefträgern zu übergeben“, sagte er. So blieb VENRO-Chef Bernd Bornhorst die undankbare Aufgabe, einen bunten Forderungsstrauß pointiert zusammenzubinden: „Der Glaube an unbegrenztes Wirtschaftswachstum als Lösung für alles wird von vielen von uns hinterfragt“, sagte er. „Die G7 ist auch Teil des Problems.“

Die kanadische Aktivistin Maude Barlow sprang Bornhorst bei mit einem eindringlichen Appell, die Welthandelspolitik nicht von multinationalen Konzernen diktieren zu lassen. Das würde die soziale Ungleichheit zementieren. Barlow hält es für zwingend notwendig, die G7 nicht aus der Verantwortung zu entlassen.

So herrscht in Teilen der Zivilgesellschaft das Gefühl, viel Arbeit in den deutschen G7-Vorsitz gesteckt zu haben – ohne Garantie, dass das am Ende zu einem Umdenken führt. Immerhin sorgte die Kanzlerin für mediale Aufmerksamkeit. Und auch das ist ein Grund für NGOs sich am G7-Auftrieb zu beteiligen: Über die Prominenz erreichen sie eine größere Öffentlichkeit. Auch wenn ihre Forderungen am Ende nur im Gästebuch des Gipfels stehen, statt in der Schlusserklärung.

 

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