Die Not für religiöse Zwecke ausgenutzt

In einem Flüchtlingslager in Jordanien haben amerikanische Christen versucht, muslimische Frauen zum Christentum zu bekehren. Zu sehen ist das in einem Video, das im Internet kursiert. Die katholische Kirche hat sich von der Aktion distanziert. Sie gefährdet die christliche Minderheit in Jordanien.

Der Film, der für den amerikanischen Sender Christian Broadcasting Network produziert wurde, berichtet von einem zweitägigen Evangelisierungsevent, zu dem eine christlich-zionistische Organisation mit Sitz in Texas muslimische Frauen aus dem Flüchtlingscamp Zaatari im Norden Jordaniens eingeladen hatte. Offiziell sollte es für die Musliminnen eine erholsame Abwechslung aus dem tristen Lageralltag sein. Mit symbolischen Fußwaschungen, Segnungen und Predigten warben die amerikanischen Christen aber auch offensiv für den Religionsübertritt – nach Aussagen der Reporterin mit Erfolg. 

Der Film hat eine öffentliche Debatte in Jordanien ausgelöst, wo mehr als 95 Prozent der Bevölkerung Muslime sind. Die Konversion zu einer anderen Religion ist im Islam verboten, ebenso wie die Mission in Jordanien. Auf islamistischen Webseiten aus aller Welt wird die Evangelisierungsaktion als Teil eines internationalen Kreuzzugs gegen den Islam verurteilt.
Es ist nicht das erste Mal, dass evangelikale Gruppen aus dem Ausland unter syrischen Flüchtlingen in Jordanien missionieren. In einem Video, das im Herbst vergangenen Jahres auf Youtube eingestellt wurde, erzählt eine muslimische Frau, einigen Flüchtlingsfamilien seien Geld und christliche Literatur angeboten worden mit der Auflage, Passagen aus der Bibel bis zu einem bestimmten Datum auswendig zu lernen. 

Humanitäre Initiativen für die Abwerbung von Gläubigen instrumentalisiert

Für die einheimischen Christen in Jordanien stellen solche Aktionen eine Gefahr dar. Es wäre nicht das erste Mal, dass radikale Gruppen Übergriffe auf die christliche Minderheit mit dem Verweis auf Evangelisierungsversuche rechtfertigten. Vertreter der katholischen Kirche in Jordanien haben sich deshalb deutlich von dem Vorgehen der amerikanischen Missionare distanziert. „Man kann nicht Lebensmittel bringen und dabei gleichzeitig die Lage ausnutzen, um auch Bibeln zu verteilen“, so der Vikar des lateinischen Patriarchats Jerusalem, Erzbischof Maroun Lahham. „Damit werden humanitäre Initiativen instrumentalisiert für die Abwerbung von Gläubigen.“

Seit einem Jahr nimmt das Lager in Zaatari Flüchtlinge aus Syrien auf. Ursprünglich war es für 10.000 Flüchtlinge geplant, heute leben dort mehr als 120.000 Menschen. Neben Caritas International unterstützt auch der Lutherische Weltbund die Arbeit in Zaatari.

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erschienen in Ausgabe 9 / 2013: Solidarität: Was Menschen verbindet
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