Die indische Regierung will neue Kraftwerke – oft weitab der städtischen Ballungszentren – an das nationale Stromnetz anbinden, um die Kapazitäten aus erneuerbaren Energien zu erhöhen. Für den Ausbau dieser „Green Energy Corridors“ soll die KfW-Entwicklungsbank bis 2020 Darlehen für einzelne Projekte vergeben, insgesamt eine Milliarde Euro. Diese Investitionen sollen durch rund hundert Millionen Euro aus dem BMZ-Haushalt für technische Beratung durch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ergänzt werden.
Die Gefahr, dass mit deutschen Geldern für grüne Technologie indirekt indische Konkurrenten gefördert werden, sieht Kopp nicht. In der Vergangenheit hatte etwa der niedersächsische Windradhersteller Enercon geklagt, ein indischer Konkurrent verletze seine Patentrechte. Vielmehr sei die Steigerung erneuerbarer Energien im gemeinsamen Interesse beider Länder, betont sie, und zwar in zweierlei Hinsicht: Indien könne sein wirtschaftliches Wachstum klima- und umweltfreundlicher gestalten. In ganz Asien engagiere sich Deutschland für „ökologisch tragfähige Entwicklung“, also dafür, den Ausstoß von Treibhausgasen zu minimieren und den Klimawandel zu begrenzen. Zugleich nähmen deutsche Unternehmen in der Entwicklung moderner Technologien eine Vorreiterrolle ein. „Natürlich sehen wir Chancen gerade auch für deutsche Anbieter.“
Deutsche Firmen werden bei der Vergabe nicht bevorzugt
Selbstverständlich werde die Vergabe von Aufträgen „allen qualifizierten Unternehmen aus Deutschland, Indien und weltweit offen stehen“ und im Wettbewerb nach Qualität und Preis entschieden, betont Kopp. „Wer die benötigte Ausrüstung liefern wird und aus welchem Land, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorhergesagt werden.“ Es gebe hierbei keinerlei Begünstigung oder Vorfestlegungen, weder für deutsche Firmen noch für indische.
Kritikern von Finanzhilfen an wirtschaftlich erfolgreiche Schwellenländer hält Kopp entgegen, dass Armut nicht ohne Wachstum bekämpft werden könne – und dieses wiederum eine ausreichende Energieversorgung voraussetze. „Indien hat hier einen großen Nachholbedarf.“ Unter der instabilen Versorgung litten gerade auch kleine und mittlere Handwerksbetriebe, also Unternehmen, die Einkommenschancen für den ärmeren Teil der Bevölkerung bieten. 40 Prozent der Inder sind nicht ans Stromnetz angebunden, das sind eine halbe Milliarde Menschen. Die KfW könne den indischen Partner mit beispielhaften, technologisch angepassten Lösungen und mit neuartigen Finanzierungsinstrumenten unterstützen.
So wachsen Entwicklungs-, Klima- und Umweltpolitik in der Praxis immer stärker zusammen. Deutschland hat seine Zuwendungen für die Bewältigung des Klimawandels in Entwicklungsländern innerhalb von sechs Jahren nahezu vervierfacht: von 470 Millionen Euro 2005 auf 1,4 Milliarden Euro im Jahr 2011 – davon kamen 1,26 Milliarden Euro aus dem BMZ-Haushalt, sagt Kopp. Mit diesem Anstieg könnten viele entscheidenden Maßnahmen für nachhaltige Entwicklung angestoßen werden, etwa für eine Senkung des Energieverbrauchs.
Die KfW-Kredite dürften die entwicklungspolitische Leistungsbilanz Berlins kräftig aufpolieren – zumindest kurzfristig. Beim Dachverband entwicklungspolitischer Organisationen Venro sieht man das Verschmelzen von Klimaschutz und Entwicklungspolitik allerdings mit Skepsis: Wenn – wie in der Haushaltsplanung 2014 vorgesehen – Mittel aus dem Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ (EKF) in Höhe von 231 Millionen Euro in den BMZ-Etat (Einzelplan 23) verlagert werden, dann bestehe das Risiko, dass dieses Geld bei anderen Haushaltstiteln des BMZ eingespart werden könnte, weil der BMZ-Etat insgesamt nicht steigen soll. Staatssekretärin Kopp gibt in diesem Punkt jedoch vorsichtige Entwarnung: „Nach derzeitiger Planung“ werde die gemeinsame Aufgabe von Entwicklungs- und Umweltministerium für den Klima- und Umweltschutz ab 2014 so organisiert, „dass die im EKF begründeten und dann auf das BMZ übertragenen Vorhaben durch zusätzlich auf den Einzelplan 23 übertragene Mittel ausfinanziert werden“. Im Klartext hieße das, es gibt was obendrauf.
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