Entwicklungshilfe für die Weltbank

„Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ – im Kampf gegen Steuerflucht hat Entwicklungsminister Dirk Niebel das unlängst noch als falschen Ansatz bezeichnet. In der eigenen Politik hingegen scheint ihm diese Sicht nicht so fremd zu sein. Am deutschen Wesen soll die Weltbank genesen, könnte die neue Kooperationsinitiative überschrieben werden, die Niebel von der Frühjahrstagung der Entwicklungsbank in Washington mitgebracht hat.

„Ziel dieser Partnerschaft ist es, die Schlagkraft und Wirksamkeit der Weltbank auf Länder- und Projektebene nach deutschem Vorbild zu verbessern“, sagte Niebel zum Abschluss der Tagung. Die in Deutschland vollzogene Neuausrichtung der Entwicklungspolitik solle auch auf internationaler Ebene angeregt werden, erläuterte das Ministerium: „Weg von der Input- und Quotenorientierung, hin zu mehr Ergebnisorientierung und stärkerer Zusammenarbeit mit der Wirtschaft.“ Weltbankpräsident Jim Yong Kim teile viele der deutschen Ansätze – man wolle stärker voneinander lernen.

Nun hat die Weltbank nicht auf Niebel gewartet, um den Fokus stärker auf Ergebnisse zu rücken: Schon als im Fahrwasser der internationalen Finanzkrise die westlichen Entwicklungsbudgets zu schrumpfen drohten, vollzog Kims Vorgänger Robert Zoellick den Schwenk zum Wirksamkeitsdiskurs.

In der Debatte, was entwicklungspolitisch funktioniert und was nicht, will nun auch Kim eigene Akzente setzen – und das im Tandem mit Niebel, zu dem er offenbar einen guten Draht hat. „Science of delivery“, die Kunst zu liefern, heißt sein Schlagwort. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die in der Bank abseits vom operativen Geschäft ein Schattendasein führen, sollen nun Hand in Hand mit der GIZ an Projekten ausprobiert werden. Gezielter als bisher sollen dabei auch Ergebnisse ausgewertet werden und in die Praxis zurückfließen.

Den Weltbank-Ökonomen fehlt es laut GIZ an Praxiserfahrung

„Die Weltbank ist stark in der Planung und Evaluierung, aber wie ein Projekt in einem Partnerland realisiert wird, das ist oft eine Blackbox“, sagt Jörg Freiberg von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die Ökonomen der Weltbank lieferten gute Analysen, es fehle ihnen aber praktische Erfahrung. Dagegen arbeite die GIZ eng mit den Institutionen der Partnerländer zusammen – und könne deshalb viel besser einschätzen, warum ein Vorhaben beispielsweise an ungenügenden Kapazitäten scheitere. „Das interessiert die Weltbank“, sagt Freiberg: „Sie hofft, dann weniger in die Planung investieren zu müssen und schneller zu Ergebnissen zu kommen.“

Andocken könnte der Washingtoner Kreditgeber auch an schon laufende Projekte der GIZ. So nannte Freiberg das von Deutschland und einigen anderen Ländern sowie der EU finanzierte Programm Energising for Development (Endev), das von 2005 bis Ende 2011 rund 8,5 Millionen Menschen in 22 Ländern, vor allem in Afrika, Zugang zu erneuerbaren Energiequellen verschafft habe. Das ist durchaus eine Breitenwirkung, die an Infrastrukturprojekte der Weltbank heranreicht, bei denen es allerdings oft in der Abwicklung mit den Partnern vor Ort zu Problemen kommt.

Ganz ohne Eigennutz geht Deutschland die neue Partnerschaft freilich nicht ein. Die GIZ erwarte nicht, „dass sich Aufträge in großem Umfang für sie ergeben“, sagt Freiberg. Aber politisch möchte das Ministerium  doch Duftmarken setzen: Es hofft, auf diesem Weg eigene Anliegen in der Umwelt- und Klimapolitik auf der Weltbank-Agenda weiter oben zu platzieren. Weltbankgouverneur Niebel würdigte Kims Reformkurs denn auch als „mutig und visionär“. Denn: Die Bank auf einen neuen Kurs zu bringen, sei eine Herkulesaufgabe.

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erschienen in Ausgabe 6 / 2013: Ungesunder Wohlstand
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