Als Schiedsrichter nicht geeignet

Der Internationale Währungsfonds (IWF) soll Staaten, deren Finanz- und Wirtschaftspolitik die Stabilität der Weltwirtschaft gefährdet, mit Sanktionen belegen können. Das fordert ein hochrangiges Expertengremium, dem unter anderem der frühere Chef der US-Zentralbank Paul Volcker, die Vizechefin der chinesischen Zentralbank Hu Xiaolian sowie mit Horst Köhler und Michel Camdessus zwei frühere IWF-Direktoren angehören. Doch in der Rolle als unabhängiger Hüter der Vernunft ist der Fonds eine Fehlbesetzung.

Der IWF soll unter anderem für angemessene Wechselkurse sorgen, fordern die Experten. Mehr politische Steuerung und globale Abstimmung sind hier zweifellos nötig. Dass gerade der IWF Staaten zur Raison bringen soll, ist aber eine kühne Idee. Nicht nur waren die Rezepte, die er Entwicklungsländern lange verordnet hat, höchst zweifelhaft. Sein eigenes Evaluationsbüro (IEO) hat soeben dokumentiert, wie wenig vernünftig sein Wirken vor der jüngsten Weltfinanzkrise war.

Autor

Bernd Ludermann

ist Chefredakteur von "welt-sichten".

So hat der Fonds bis 2007 Risiken, die dann die Weltfinanzkrise auslösten, übersehen oder heruntergespielt. Die Spekulationsblase bei Hypothekenkrediten in den USA zum Beispiel beurteilte er noch als begrenztes Problem, als die ersten Kredite schon faul waren. Manche Gründe für dieses Versagen lagen im IWF. Die Abteilungen arbeiteten nebeneinander her, der Zusammenhang zwischen Welthandel und Finanzsystem war kaum im Blick, die Abschottung gegen Expertise von außen begünstigte das Einheitsdenken. Im Fonds herrschte die Überzeugung, dass Finanzmärkte sich selbst stabilisieren und von den Industrieländern keine globale Krise ausgehen kann, findet das IEO.

Hinzu kam Druck von außen: IWF-Experten übten Selbstzensur im Umgang mit mächtigen Staaten. Indirekt bestätigt der Bericht den starken Einfluss der USA. So konzentrierte der IWF seine Analysen auf Handelsungleichgewichte und Wechselkursprobleme, just als die USA China wegen dessen Währungspolitik anprangerten. Eine Prüfung des Finanzsektors in den USA unterblieb, die wollte Washington nicht. Der Direktor des IWF, Dominique Strauss-Kahn, hat den Bericht begrüßt und auf laufende Reformen im Haus verwiesen. Doch seine rund 1200 Ökonomen werden in Zukunft kaum dem herrschenden Konsens entgegenarbeiten. Auch politisch unabhängig kann der IWF nicht werden. Wenn mächtige Länder ihm tatsächlich die Befugnis gäben, Sanktionen zu verhängen, würden sie sogar mehr Einfluss verlangen – es könnte dann ja auch sie treffen. Es ist sinnvoll, wenn der IWF in Verhandlungen unter großen Industrieländern eigenständiger die Lösung globaler Probleme anmahnt. Seine Macht, kleine Länder zu sanktionieren, ist aber heute schon zu groß. Und man sollte sich künftig hüten, seine Expertise für unabhängige Wissenschaft zu halten.

 

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erschienen in Ausgabe 3 / 2011: Welthandel: Auf dem Rücken der Armen
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