Die Dokumentarfilmerin Lena Karbe porträtiert drei junge schwarze Frauen, die im südafrikanischen Kruger-Nationalpark bei der Bekämpfung der Nashorn-Wilderei helfen. Sie entkommen der Armut, spüren aber auch die Arroganz weißer Vorgesetzter, Rassismus und die Spätfolgen des Kolonialismus.
In ihrem dokumentarischen Langfilmdebüt stellt die deutsche Autorin und Regisseurin Lena Karbe die südafrikanische Ranger-Einheit „Black Mambas“ vor. Diese wurde 2013 auf dem Höhepunkt der Nashorn-Wilderei von dem weißen Südafrikaner Craig Spencer gegründet, um die Wildtiere im Kruger-Nationalpark besser zu schützen. Inzwischen patrouillieren 45 junge schwarze Frauen aus den umliegenden Gemeinden jede Nacht unbewaffnet zu zweit oder zu dritt entlang des Parkzauns und melden, wenn sie Spuren von Wilderern oder Löcher im Zaun entdecken.
Karbe konzentriert sich bei ihren Beobachtungen auf drei Frauen. Die junge Naledi ist gerade erst zu den Black Mambas gestoßen. Sie möchte nicht wie ihre Mutter und die meisten Bewohner ihres Dorfes in einer Mine arbeiten, sondern „einen eigenen Weg gehen“. Für die Rekrutin ist der Job ein Sprungbrett zur weiblichen Emanzipation. Nkateko und Quolile gehörten von Anfang an zum Team und sind sehr erfahren. Quolile arbeitet als Hundeführerin, um ihre beiden kleinen Kinder zu versorgen. Sie füttert auch ihren arbeitslosen Freund durch. Die ehrgeizige Nkateko ist inzwischen gelangweilt von der Routine und träumt davon, Safari-Guide zu werden. Sie kann sich die Ausbildung aber nicht leisten, weil sie nach dem Tod des Vaters den Lebensunterhalt für die ganze Familie verdienen muss. Ihre beiden Brüder haben noch nie gearbeitet. Nach einer Beförderung scheint ihr Traum in Erfüllung zu gehen.
Die Dreharbeiten erstreckten sich über fast zwei Jahre und mussten wegen der Corona-Pandemie ein Jahr lang unterbrochen werden. Das ermöglichte dem Filmteam, die Entwicklungen im Leben der Black Mambas länger zu beobachten. So wird etwa sichtbar, dass der anfängliche Enthusiasmus von Nalendi rasch einer gewissen Ernüchterung gewichen ist. Zudem wird erkennbar, dass die Pandemie die ohnehin prekäre wirtschaftliche Lage in der Region verschärft hat. So bekundet Nkateko einmal Mitleid mit Wilderern, die das Bushmeat brauchen, weil sie irgendwie ihre Familie ernähren müssen, und sagt: „Corona hat vieles durcheinandergebracht. Die Menschen haben alles verloren.“
Nationalpark mit kolonialen Wurzeln
Der Film lässt auch einen anonymen Wilderer zu Wort kommen, der auf die kolonialen Wurzeln des Nationalparks verweist und sagt: „Die Menschen, die diese Parks gründeten, dachten nicht an uns Schwarze. Sie schützen Nashörner und Elefanten. Ob wir zu essen haben, kümmert sie nicht.“
Mit sicherer Hand zeigt Lena Karbe Grauzonen auf und arbeitet Widersprüche heraus. So vielversprechend das Konzept der Black Mambas zunächst klingt: Im Alltag sehen sich die Frauen mit Vorurteilen in ihren Dörfern konfrontiert, fühlen sich unwohl in der Rolle der Alleinverdienerinnen. Und sie hadern mit der Arroganz ihrer weißen Vorgesetzten, die ihre Machtposition in einem patriarchalisch geprägten Umfeld gerne ausspielen wie der Supervisor Johan Grobler, der schon mal rassistische Sprüche klopft. Und wenn die Frauen 21 Tage am Stück arbeiten müssen, ehe sie ein paar Tage frei haben, ist das dann Ausbeutung oder Empowerment?
Als Ausbund an Widersprüchen erweist sich der Black Mamba-Kommandeur Spencer. Einerseits schikaniert er die Rangerinnen mit anachronistischem Drill, wenn er sie bei großer Hitze morgens in Reih und Glied antreten lässt, andererseits hilft er einigen Frauen, berufliche Chancen jenseits der Black Mambas zu nutzen. Am Ende gibt er sich selbstkritisch, wenn er einräumt, den Parkbetreibern sei das Leben der Tiere wichtiger als das Leben der Menschen. Ja, er schwingt sich sogar zu einer selbstironischen Tirade auf: „Der Park ist die letzte Bastion der alten, weißen kolonialen Mentalität.“
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