In seinem Buch schildert der malaysische Geschäftsmann Chandran Nair die Problematik des „weißen Privilegs“ und stellt Lösungsansätze vor. Eine hilfreiche Lektüre für Menschen, die neu in das Thema einsteigen.
Spätestens seit Beginn der „Black Lives Matter“-Proteste nach dem Tod von George Floyd im Mai 2020 wird das Thema Rassismus weltweit breiter diskutiert. Seine Wurzeln liegen, wie Chandran Nair in seinem Buch betont, in einer Weltordnung, die auf weißen Privilegien beruht. Denn während der Kolonialzeit hätten weiße Europäer eine Begründung dafür gebraucht, dass sie Menschen anderer Hautfarbe das Land raubten und sie unterwarfen. Es entstand der Mythos des weißen Mannes, der Zivilisation in andere Bereiche der Welt brachte. Ein Narrativ, das nach Meinung des Autors weiterhin besteht. Was als „westlich“ gelte, werde grundlegend als höherwertig betrachtet – egal, ob es um Musik, Geschäftskontakte oder geopolitische Taktiken gehe. Diese Ungleichbehandlung wird in der Literatur als „weißes Privileg“ bezeichnet.
Vor allem dieses Privileg sorge auch heute noch dafür, dass europäische und nordamerikanische Länder mehr Macht und mehr Reichtum ansammelten. Als Beispiel dafür nennt der Autor die Runde der G7-Staaten, die das globale Wirtschaftssystem entscheidend beeinflussten. Hier verbündeten sich westliche Nationen, um ihre Machtposition aufrechtzuerhalten. Einen Sonderfall stelle Japan dar, denn dieses asiatische Land habe sein Wirtschaftssystem bereits so sehr an die Ansprüche des Westens angepasst, dass es von ihm akzeptiert werde. Deshalb sei es wichtig, die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit zwischen Ländern des globalen Südens auszubauen. Der wirtschaftspolitische Zusammenschluss asiatischer Länder zur Organisation ASEAN sei ein positives Beispiel dafür.
Aber nicht nur auf politischer Ebene funktioniere das weiße Privileg. Mit Bezug auf Frantz Fanon, den französischen Vordenker der Entkolonialisierung, geht Nair auch auf die „Kolonialisierung des Kopfes“ ein. Menschen im globalen Süden seien von klein auf mit der Vormacht westlicher Ideen konfrontiert, so dass viele Menschen im globalen Süden danach strebten, sich westliche Verhaltensweisen und Werte anzueignen. Sie hörten US-amerikanische Musik und eigneten sich eine „westliche“ Sprachweise und Kleidungsstile an. Lokale Traditionen würden so entwertet. Diesen Prozess rückgängig zu machen und die eigene Kultur mehr zu schätzen, wäre, wie Nair schreibt, ein wichtiger Schritt hin zu einer gerechteren Welt. Dabei geht es ihm nicht nur darum, Kulturgüter vor dem Verschwinden zu bewahren. Wirtschaftlich betrachtet würde Geld vor allem für Produkte westlicher Firmen ausgegeben, was bestehende Ungleichheiten weiter verstärkt.
Das Buch ist ein leicht zu lesender Einstieg in das Thema postkoloniale Kritik. Nair beschreibt seine persönlichen Erfahrungen als Geschäftsmann aus dem globalen Süden, der in verschiedenen Ländern gelebt hat und als Person of Colour mit vielen „weißen“ Institutionen in Berührung kam. Die Sprache ist leicht verständlich, die Beispiele, die er wählt, plastisch. So etwa, wenn er schreibt, dass bei wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Konferenzen fast nie Menschen aus dem globalen Süden als Experten auf dem Panel auftreten. Selbst dann nicht, wenn die Konferenz im globalen Süden stattfindet.
Wer sich dagegen schon etwas mit dem Thema „Weißes Privileg“ beschäftigt hat, findet in dem Buch kaum neue Ideen. Es ist eher eine Beschreibung als eine Analyse. Auch die genannten Lösungsvorschläge bleiben ziemlich allgemein, so zum Beispiel, dass an Schulen mehr über die Kolonialgeschichte und ihre Folgen gelehrt werden solle.
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