Die Born-Free Generation in der Misere

25 Jahre nach der politischen Wende in Südafrika verzweifelt Kopano Matlwas Romanprotagonistin an der Gewalt in der „Regenbogengesellschaft“.

Kopano Matlwa zählt zur sogenannten Born-Free-Generation, die unter der ersten demokratisch gewählten Regierung Südafrikas aufgewachsen ist. Als Romanautorin widmet sie sich den zunächst hoffnungsvollen, inzwischen aber tief enttäuschten jungen Leuten dieser Generation. Denn trotz aller Verheißungen vom Wandel lähmt das Erbe der Apartheid in Form von Rassismus und struktureller Korruption das Land.

Wie dramatisch die Mängel sind, zeigt die Schriftstellerin am Beispiel eines staatlichen Krankenhauses in Johannesburg, in dem ihre Protagonistin Masechaba als Assistenzärztin bis zum Umfallen arbeitet. Matlwa hat selbst Medizin studiert und weiß, wovon sie spricht. Ihre Hauptfigur kämpft in der Gynäkologie Tag für Tag um das Wohlergehen der Schwangeren. Die Misere herrscht an allen Ecken und Enden: veraltete Ausstattung, unzureichende Technik, überforderte Krankenschwestern und unerfahrene junge Ärzte.

Dabei gehört die Protagonistin in dem biografisch anmutenden Roman, der als Ich-Erzählung geschrieben ist, sogar noch zu den Glücklichen, die ein Stipendium fürs Studium und ein Job erhalten haben, während die hohe Jugendarbeitslosigkeit zahllosen Südafrikanerinnen die Zukunft verbaut. Doch die junge Assistenzärztin ist schon zu abgestumpft, um ihre Privilegien zu schätzen. Sie kann nur noch an das Ende ihrer Schicht denken und an etwas Ruhe, bevor der nächste schwere Arbeitstag beginnt. Immer wieder führt sie Zwiegespräche mit sich selbst und mit Gott. Jedes Kapitel beginnt mit einem Bibelvers, der eine neue Episode ihres Leidens einleitet. Auch ihre gläubige Mutter ist eine zentrale Person in Masechabas Leben, obwohl sich die beiden oft über politische, gesellschaftliche und persönliche Fragen streiten.

Masechabas Gedanken sollten bei ihren Patienten sein. Doch Überforderung, Hoffnungslosigkeit und der stechende Geruch von Ausscheidungen lassen sie immer wieder an die eigene Kindheit und Jugend zurückdenken. Damals erschwerten extrem heftige Monatsblutungen ihre Zeit als junges Mädchen. Darauf spielt auch der englische Titel des Romans, „Period Pain“, an. Ihr älterer Bruder, der ihr Leiden kannte und den sie als einzigen wahren Freund empfand, erhängte sich damals. Seinen Tod hat Masechaba immer noch nicht verwunden.

Im Kontakt mit ihrer simbabwischen Kollegin und Mitbewohnerin, deren freundschaftliche Nähe sie sucht, mäandrieren Masechabas Emotionen gegenüber dieser Frau. Masechaba will sich der verbreiteten und häufig auch gewalttätigen Ausländerfeindlichkeit entgegenstellen, scheitert aber nach einem kleinen Erfolg mit einer Petition kläglich.

Das trotz allem glückliche Ende überrascht, erscheint aber nicht unbedingt stimmig. Denn die  Protagonistin, die sich den Lesern als Identifikationsfigur anbietet, wirkt in ihrer gebrochenen Ich-Erzählung auch befremdlich. Auf alle Fälle setzt die Lektüre des Romans allerhand Vorkenntnisse über die politische und soziale Situation im gegenwärtigen Südafrika voraus.

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