Stéphane Hessel, Véronique De Keyser
Palästina: Das Versagen Europas
Rotpunktverlag, Zürich 2014,
205 Seiten, 19,90 Euro
Andreas Altmann
Verdammtes Land.
Eine Reise durch Palästina
Piper Verlag, München 2014,
304 Seiten, 19,99 Euro
Bislang sind alle Versuche kläglich gescheitert, die parallele Existenz eines israelischen und eines palästinensischen Staates in sicheren Grenzen zu ermöglichen. Zwei neue Bücher widmen sich dem Nahost-Konflikt auf sehr unterschiedliche Weise. Beide regen zum Nachdenken an.
Der französische Essayist und Aktivist Stéphane Hessel hat sich bis zu seinem Tod im Februar 2013 für die Verteidigung der Menschenrechte eingesetzt, insbesondere für die Sache des palästinensischen Volkes. Die Europa-Abgeordnete Véronique De Keyser versucht seit Jahren, die Europäische Union (EU) zu einer aktiveren und gerechteren Nahostpolitik zu bewegen. In ihrem gemeinsamen Buch beschreiben sie die Entwicklung Palästinas und seiner Beziehungen zu Israel im vergangenen Jahrzehnt. Leidenschaftlich kritisieren sie die Haltung der EU in diesem Konflikt. Sie habe gegenüber Israels Politik nur Sorge und Proteste zum Ausdruck gebracht, aber nie gehandelt.
Das habe dazu beigetragen, die Situation Palästinas zu einer „veritablen humanitären Tragödie verkommen zu lassen“. Die EU habe trotz finanzieller und logistischer Hilfe für die Palästinenser ihre politische Verantwortung nicht wahrgenommen, die gebiete, Israelis und Palästinenser gleich zu behandeln und für die Sicherheit und die Rechte beider Völker einzustehen. Heute sei die Asymmetrie „himmelschreiend“.
Hessel und de Keyser verlangen von Europa eine klare Haltung gegenüber Israel, wenden sich gegen die aktuelle Politik Israels und verurteilen die Gewalt auf beiden Seiten. Besatzung und Siedlungsbau seien unannehmbar, sie widersprächen den Menschenrechten und „führen in eine Sackgasse, nicht in eine Zukunft“. Auf palästinensischer Seite erwarten sie einen Wandel der Gesellschaft durch eine Veränderung des politischen Kampfes. Den Grundpfeiler dieses Widerstandes sehen sie in der Jugend. Nur mit einer neuen Generation sei eine langfristige Politik möglich. Das Buch ist ein engagiertes Plädoyer für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts, die die Rechte des palästinensischen Volkes respektiert.
Der Reiseautor Andreas Altmann geht der Frage nach, ob die Region zum Unfrieden verdammt ist, weil sie Juden, Christen und Muslimen heilig sein muss. Er spricht mit Vertretern aller drei Religionen, versucht zu begreifen, was sie bewegt und woher der Hass kommt, der die Palästinenser so oft zu Opfern der israelischen Politik macht – und zu Tätern. Er bereist Städte und Dörfer und trifft viele reflektierende und sensible Menschen auf der Suche nach dem Schlüssel zum Verständnis Palästinas, zum Lebensgefühl eines erniedrigten und gedemütigten Volkes.
Altmann schildert seine Erlebnisse aus subjektiver Sicht, verteilt seine Sympathien nach menschlichen Gesichtspunkten und nicht nach Staats- oder Religionszugehörigkeit. Er zeigt, dass das Private nicht vom Politischen zu trennen ist. So ist das Buch eine Reise durch Palästina, das den Menschen nahe kommt, ihr Leben im Schatten der unheilvollen Geschichte und der dunklen Zukunft verstehen will.
Den Palästinensern fehle es nicht an Mut, lautet Hessels Credo. Deshalb müsse man sich mit ihnen empören und die „Fackel ihrer Hoffnung, aber auch ihres Zorn weitertragen“. Andernfalls spiele man der Gewalt in die Hände. Altmann lässt abschließend eine Israelin, die sich ein „normales“ Israel wünscht, das nicht bedroht wird und keinen bedroht, den schlichten Satz sagen: „Wir sind alle überfordert“. Zwei Bücher, die nachdenklich stimmen.
Dieter Hampel
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