Die Drusen im Nahen Osten

Tobias Lang
Die Drusen in Libanon und Israel
Geschichte, Konflikte und Loyalitäten 
einer religiösen Gemeinschaft in zwei Staaten
Klaus Schwarz Verlag, Berlin 2013, 
174 Seiten, 24,80 Euro
 
Im Nahostkonflikt operieren unterschiedliche Parteien mit unterschiedlichen Motiven und Zielen. In diesem Konflikt spielt auch die im 11. Jahrhundert aus dem schiitischen Islam hervorgegangene, in Ägypten entstandene Religionsgemeinschaft der Drusen eine Rolle. Drusen leben heute als Minderheit hauptsächlich im Libanon, in Syrien und Israel. Der Politikwissenschaftler Tobias Lang befasst sich in seiner Diplomarbeit mit ihrer Geschichte und ihrer politischen Ausrichtung.

Er fragt, wie es dazu kam, dass die Drusen in Israel und im Libanon während des Libanonkriegs von 1982 auf gegnerischen Seiten standen. Während Angehörige der islamischen Religionsgemeinschaft in Israel Militärdienst leisteten, waren die libanesischen Drusen mit Palästinensern und mit Syrien verbündet und kämpften während der israelischen Besetzung des drusischen Kernlandes gegen die mit Israel verbündeten christlichen Milizen.

Insgesamt passten sich die Drusen pragmatisch den Machverhältnissen an

Der Autor gibt einen Überblick über Religion, Gesellschaftsstruktur und Geschichte der Drusen und stellt dann die drusischen Gemeinschaften in Israel und im Libanon dar, um im letzten Teil ein Fazit zu ziehen. Die Arbeit beruht im Wesentlichen auf einer Zusammenfassung der zum Thema vorhandenen Sekundärliteratur. Ergänzt wird dieses Material von Interviews, die Lang 2009 während eines Aufenthalts in Israel geführt hat.
Sein Befund: Die unterschiedliche Position der drusischen Gemeinschaften im Libanon und in Israel beruhe auf strukturellen Unterschieden. Im Libanon waren die Drusen von Anfang an ein integraler Bestandteil der Gesellschaft. Es gibt ein drusisches Kerngebiet sowie traditionelle drusische Eliten, die seit Jahrhunderten von denselben Familien geführt werden. Seit Anfang des 20. Jahrhundert stehen die libanesischen Drusen unter Einfluss arabisch-nationalistischer Ideen.

In Israel hingegen leben die drusischen Gemeinschaften auf dem Karmel und in Galiläa isoliert in der Peripherie. Hinzu kommen die Drusen auf den Golanhöhen, die keine israelischen Staatsbürger sind und zu Syrien halten. Es gab keine feudale drusische Elite, eine israelisch-drusische Elite formierte sich erst durch die Zusammenarbeit einzelner Familien mit dem Staat Israel. Die Drusen in Israel vertreten keine einheitliche politische Linie. Insgesamt, so Lang, passten sich die Drusen pragmatisch den Machverhältnissen an.

Diese Ergebnisse sind nicht sonderlich neu oder originell. Wer sich nicht scheut, die teilweise recht detaillierte, mit zahlreichen Namen drusischer Führer gespickte und daher nicht immer flüssig lesbare Darstellung der Drusen im Libanon und Israel zur Kenntnis zu nehmen, erhält eine verlässliche Übersicht. Darin liegt der Wert dieser Diplomarbeit. (Rudolf Ficker)

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