In dem Bericht wird klar: Gesellschaften müssen in der Lage sein, die Klimakatastrophe abzuwenden oder wenigstens zu bekämpfen. Armut, Hunger und Ungleichheit destabilisieren und zerstören Gesellschaften. Deshalb braucht es eine Umverteilung von Reichtum und Eigentum. Letztlich umschreibt der Club of Rome, was Linke schon immer sagen: Der Kapitalismus zerstört die Lebensgrundlage für alle. Um das aufzuhalten, braucht es eine Kehrtwende. Erste, aber riesige Schritte wären: ein Ende fossiler Energien, Schuldenerlasse der reichen Länder für die stark verschuldeten armen Länder, die globale Besteuerung von großen Vermögen, der Auf- und Ausbau öffentlicher Sozialsysteme statt weiterer Privatisierungen. Das alles kostet Geld. Geld, das die Bundesregierung nicht bereit ist auszugeben.
Wie bewerten Sie deren Reaktion auf die Ernährungskrisen, die sich vielerorts zuspitzen. Was würde die Linke besser machen, um Hunger zu begegnen – außer mehr Geld zu bewilligen?
Ein Ziel der Sustainable Development Goals war die Beendigung des Hungers bis 2030. War – denn leider sind wir davon so weit entfernt wie lange nicht. Die Ursachen für die Nahrungsmittelkrise sind vielfältig – Corona, Krieg, Klimawandel. Daher gibt es nicht die eine Lösung. Es zeigt sich aber: Eine große Schwachstelle ist die Abhängigkeit vieler Länder von Nahrungsmittelimporten. Sie ist das Ergebnis einer fehlgelaufenen Landwirtschaft, durch die Länder sich nicht mehr mit den benötigten Lebensmitteln selbst versorgen können. Hier gilt es umzusteuern: Wir müssen zurück zu einer Landwirtschaft, von der die Menschen vor Ort leben können, ohne in Abhängigkeit von Pestiziden, Saatgut und Düngemitteln westlicher Großkonzerne zu stehen. Daher wäre es wichtig, in Agrarökologie zu investieren und kleinbäuerliche Landwirtschaft zu unterstützen. Das passiert viel zu wenig.
Der Ukrainekrieg und der drastische Preisanstieg bei Nahrungsmitteln hat die Frage nach Ernährungssouveränität wieder belebt. Hat die Entwicklungspolitik hier versagt?
Seit der letzten Nahrungsmittelkrise 2007/08 ist klar, dass das globale Ernährungssystem verwundbar ist und transformiert werden muss. Umso bitterer, dass jetzt gebetsmühlenartig wiederholt wird, was damals schon festgestellt wurde: Wir brauchen mehr Investitionen in eine grüne, nachhaltige Landwirtschaft. Doch die Finanzierung hinkt hinterher: Noch 2017 hat Oxfam festgestellt, dass von 7500 Projekten der EU-Entwicklungszusammenarbeit nur etwa ein Fünftel auf kleinbäuerliche Erzeugerinnen und Erzeuger ausgerichtet war. Also ja, die Entwicklungspolitik hat versagt, dies spiegelt sich in solchen Zahlen. Angesichts des Klimawandels hoffe ich sehr, dass nun wirklich ein Umdenken stattfindet.
Sie haben jüngst das Engagement deutscher Entwicklungsarbeit in Ägypten hinterfragt. Was gibt es daran auszusetzen?
Uns interessiert, in welche Projekte die Bundesregierung in Ägypten Geld investiert beziehungsweise wofür sie Kredite oder Bürgschaften vergibt. Momentan werden sehr viele und teils sehr große Bau-, Transport- und Landwirtschaftsprojekte vorangetrieben – teils mit potenziell gravierenden Folgen für Farmerinnen und Farmer im Niltal und im Delta. Riesige Landgewinnungsprojekte in der Wüste könnten die Wasserversorgung für zahlreiche kleine Erzeuger gefährden. Angesichts der Wasserknappheit setzt Ägyptens Regierung bei einigen dieser Projekte auf nicht erneuerbare Grundwasserreserven. Da häufig für den Export produziert wird, exportiert Ägypten im Rahmen dieser Megaprojekte de facto Wasser, vor allem in die Golfstaaten. Daher sind solche Projekte kritisch zu sehen und sollten näher betrachtet werden.
Sie bezeichnen sich selbst als Feministin. Wie beurteilen Sie die feministische Entwicklungspolitik, die Ministerin Svenja Schulze (SPD) angekündigt hat?
Das Labeling der eigenen Politik als feministische ist hierbei ihre bisher größte Tat. Das meine ich nicht nur despektierlich: Die Ministerin hat damit zumindest verbal eine klare Trennlinie zum konservativ- rechten Lager gezogen. Aber bislang sind den Worten kaum Taten gefolgt. Und ich erwarte von einer Ampelregierung in dieser Hinsicht auch nicht zu viel: Sie wird sich nicht mit den Vermögenden und den großen Konzernen anlegen. Das bräuchte es aber, um eine wirklich feministische Politik zu finanzieren – etwa über den Ausbau öffentlicher Infrastrukturen, die Umverteilung von Vermögen und Eigentum und eine Neujustierung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung.
Welchen Schwerpunkt setzen Sie persönlich für sich als Sprecherin für Entwicklungspolitik?
Das ergibt sich aus den globalen Notwendigkeiten: Hunger, Klimakatastrophe, Kriege, wachsende Ungleichheit, um nur einige zu nennen. Wir müssen immer wieder klarmachen, dass es nicht um isolierte Krisen geht, sondern sich diese wechselseitig bedingen und verstärken. Folglich lässt sich keine unabhängig von den anderen lösen. Weil das abstrakt und komplex ist, versuche ich es auf konkrete Themen herunterzubrechen, Akteure zu benennen und der Regierung auf die Finger zu schauen.
Das tun sie auch regelmäßig durch Anfragen an die Regierung – etwa zu Rüstungsexporten. Gewinnen Sie damit neue Erkenntnisse?
Ja, wir bekommen tatsächlich relativ viele Informationen über diese Anfragen, nur manchmal versteckt sich die Bundesregierung hinter dem Scheinargument der sensiblen Firmendaten. Da müsste sich grundsätzlich etwas ändern, denn das Interesse der Öffentlichkeit an Informationen sollte doch stärker wiegen als das Geschäftsgebaren von Waffenfirmen. Der jährliche Rüstungsexportbericht kommt immer recht spät, und viele Details fehlen. So werden nur grob die wichtigsten Waffenklassen genannt, nicht aber welches Gut genau zu welchem Wert in welches Land genehmigt wurde. Wenn aber irgendwo neue Kämpfe ausbrechen, wollen wir tagesaktuelle Informationen und nicht ein Jahr warten. Die beste Lösung wäre, wenn die Bundesregierung ihre Exportdatenbank mit allen Anfragen und allen Einzelgenehmigungen ins Netz stellen würde. Ich habe noch kein kluges Argument gehört, das dagegensprechen würde. Das
Gespräch führte Marina Zapf.
Kapitalismuskritik
Was wären die Alternativen? Was die Linke fordert ist nur durch Enteignung durchzusetzen. Das wurde versucht und ist tragisch gescheitert (DDR, China, Nordkorea usf. ) Parteien und Politiker orientieren sich am Durchsetzbaren. Also sind die Wünsche von Frau Möhring Sprechblasen im luftleeren Raum. Den Hunger bekämpft man leichter, wenn die Zahl der Hungrigen nicht weiter wächst. Dazu fällt Frau Möhring nichts ein. Typisch für linke Politiker, können nur schwer unterscheiden zwischen Wünschbarem und Machbaren. Deswegen werden sie nach Ausscheiden aus dem Bundestag nur noch am Wünschbaren herumbasteln. Schade, sie hatten alle Chancen.
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