Das ist durchaus nachvollziehbar angesichts der Krisen und kriegerischen Konflikte in Ländern wie Mali, Nigeria, Somalia oder Südsudan. Aber in den Leitlinien geschieht das mit einem durchweg alarmierenden Unterton, wesentlich stärker als im letzten Afrika-Konzept der schwarz-gelben Bundesregierung aus dem Jahr 2011.
Ein Schlüsselsatz lautet: „Wir können in einer vernetzten und globalisierten Welt, in einem Europa ohne Grenzen, Sicherheit in Deutschland nur dann gewährleisten, wenn wir auch in anderen Regionen dazu beitragen, rechtsstaatliche Strukturen und funktionierende Sicherheitsbehörden aufzubauen.“
Natürlich wird in dem Papier politisch korrekt auch von Afrika als einem „Chancenkontinent“ gesprochen. Aber in erster Linie scheint Berlin den Nachbarkontinent als einen Ort des Unheils zu sehen, das sich Deutschland und Europa vom Leibe halten muss.
Flüchtlinge und Migranten: Gestalten des Unheils
Zwei Gestalten, in der dieses Unheil auftritt, sind die des Flüchtlings und des Migranten. Beiden widmen die Leitlinien einen Absatz, den man nur zynisch nennen kann: Da ist von „Mobilitätspartnerschaften“ die Rede, von „Unterstützung beim legislativen und administrativen Kapazitätsaufbau für Migrationsmanagement und Flüchtlingsschutz“, die man „kooperationsbereiten Partnern“ gewähren wolle.
Gemeint ist damit nichts anderes als die Abwehr „irregulärer Migration“ und die Bereitschaft der Herkunftsländer, abgeschobene Zuwanderer und Flüchtlinge wiederaufzunehmen. Solche „Migrationsfragen“, heißt es in den Leitlinien, „sollen stärker und konkreter in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit den Staaten Afrikas verankert werden“. Kein Wort dazu, dass es Deutschland und die Europäische Union selbst sind, die entscheiden, was „reguläre“ und was „irreguläre“ Migration ist.
Ansonsten gießt das Papier das übliche Füllhorn entwicklungspolitischer Wohltaten aus, die Europa und sein Musterschüler Deutschland Afrika zu bieten haben – von Bildung und Gesundheit über Wirtschaftsförderung bis zu Regierungsführung und Klimaschutz. So manches Mal schlägt dabei das angekündigte Engagement in Selbstüberschätzung um: So will Deutschland den Afrikanern und Afrikanerinnen sogar dabei helfen, „das Bewusstsein für eigene kulturelle Wurzeln zu stärken und damit auch die Resistenz gegenüber extremistischen Angeboten zu erhöhen“.
Und wer sagt, wo es langgeht?
Und schließlich bieten die Leitlinien noch ein wenig Realsatire: Zur Frage, wie die Afrikapolitik innerhalb der Bundesregierung künftig abgestimmt werden soll, heißt es: „Hier hat das Auswärtige Amt eine übergreifende Koordinierungsfunktion, die im Bereich der Entwicklungspolitik von der spezifischen ODA-Koordinierungsfunktion des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ergänzt wird, unter Wahrung federführender Zuständigkeiten und eigenständiger Wahrnehmung der Vorhaben der einzelnen Ressorts.“ – Mit anderen Worten: Das Auswärtige Amt sagt, wo es lang geht, es sei denn, andere Ministerien haben ihre eigenen Vorstellungen.
sehr oberflächlich und zynisch wie die Leitlinien selbst...
Diese Kommentierung mag in Zuegen richtig sein. Jedoch trifft sie nicht den Kern des Problems, setzt auf alte Stereotypen und wird den aktuellen Diskussionen zu deutscher Afrikapolitik nicht gerecht. Die Leitlinien haben mehr als zehn Seiten - da steckt mehr drin als der Fokus auf Sicherheit und Migration. Am Ende ist die Gefahr, dass alles verwaessert, mehr noch als beim vorhergehenden Konzept. Schade, dass "Weltsichten" in diesem Fall auf eine ausgewogene Berichterstattung, die auch Alternativen anbietet, verzichtet, sondern selbst zynisch wird.
Nicht oberflächlich, sondern zugespitzt
Hallo Africa!,
Danke für den Kommentar zu meinem Kommentar. Ja, ich habe da ziemlich zugespitzt und bin einseitig. Das muss aber auch erlaubt sein in einem Kurzkommentar. Und ich bleibe dabei: Die Leitlinien fokussieren auf echte oder eingebildete Gefahren für unsere Sicherheit, die aus Afrika drohen. Und der Abschnitt zu den Flüchtlingen ist einfach beschämend. Da vergeht mir jede Lust auf Ausgewogenheit.
Schwerer trifft mich Ihr Vorwurf, ich setzte auf Stereotype. Auf welche denn?
Herzliche Grüße,
Tillmann Elliesen
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