(17.9.2013) Die internationalen Geber wollen in den Wiederaufbau und die Entwicklung Somalias investieren. 1,8 Milliarden Euro haben sie Präsident Hassan Sheikh Mohamud zugesagt. In der teilautonomen Region Puntland misstraut man der Macht Mohamuds: Er strebe ein zentralistisches Somalia an und leite Finanzhilfen nicht in die bedürftigen Provinzen weiter.
Die abschließenden Worte von José Manuel Barroso waren nicht ohne Pathos: „Somalia kann ein Beispiel dafür sein, wie sich ein Land von einem Kriegsgebiet in einen Raum der Versöhnung verwandelt“, sagte der EU-Kommissionspräsident am 16. September, nachdem sich eine internationale Geberkonferenz auf Finanzhilfen für Somalia geeinigt hatte. Insgesamt 1,8 Milliarden Euro sicherten die Teilnehmer dem verarmten Bürgerkriegsland für den Wiederaufbau zu. Deutschland stellte knapp 90 Millionen Euro in Aussicht – unter der Bedingung, dass sich die somalische Regierung um weitere Fortschritte bei den Menschenrechten und um eine friedliche Beilegung regionaler Konflikte bemühe.
„Für Somalia und die internationale Gemeinschaft hat sich ein Fenster geöffnet, das wir nutzen müssen, um den Kreislauf von Bürgerkrieg und Armut zu durchbrechen“, sagte Entwicklungsminister Dirk Niebel. Die EU erkenne in Somalia eine „positive Dynamik“ nach mehr als 20 Jahren Bürgerkrieg, nach dem Ende der Piraterie und dem Rückzug islamistischer Milizen.
Puntland habe „sein wichtigstes Pfund“ verloren: die Piraterie
„welt-sichten“-Autor Marc Engelhardt zeichnet jedoch ein anderes Bild. Er hat Puntland besucht - eine teilautonome Region im äußersten Osten Somalias. Puntland hat einen eigenen Präsidenten, der international aber nicht anerkannt ist. Abdirahman Mohamud Farole hat der Piraterie am Horn von Afrika ein Ende bereitet. Seitdem erfährt die Region einen Aufschwung – und die internationale Gemeinschaft wendet sich wieder der somalischen Zentralregierung in Mogadischu zu.
„Die internationale Gemeinschaft hat das Wichtigste über Somalia einfach nicht verstanden“, beklagt Farole in „welt-sichten“: „Der somalische Staat ist Anfang der 1990er Jahre zusammengebrochen, weil es keine funktionierende Zentralregierung gab. Die Regionen aber haben weiter funktioniert.“
Er misstraue dem somalischen Präsidenten Hassan Sheikh Mohamud. Dieser werbe im Ausland für den Staatsaufbau, während er nach innen einen starken Zentralstaat aufbaue, um die Macht der Regierung zu festigen. Den Geberländern gefalle es, dass Hilfsgelder künftig über Mogadischu in die Regionen verteilt werden sollen. „Doch wie sicher können wir sein, dass das Geld von dort wirklich hier landet?“, fragt Farole. „Bis jetzt tut es das jedenfalls nicht.“
Dabei ist Puntland auf Hilfe angewiesen. Für eine Bevölkerung von rund 3,9 Millionen Menschen gebe es gerade mal 100 Ärzte, es fehle eine funktionierende Infrastruktur, es herrschten Misswirtschaft, Korruption und Feindschaften zwischen verschiedenen Clans. Im Kampf um Finanzhilfen, schreibt Engelhardt, habe Puntland „sein wichtigstes Pfund“ verloren: die Piraterie. Der Rest sei aus Sicht internationaler Diplomaten nur noch somalische Innenpolitik. (osk)
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