"Ganz bewusst Druck ausüben“

Das Entwicklungsministerium (BMZ) will die Menschenrechte stärker fördern und strikter auf ihre Einhaltung dringen. Dafür soll ein neues Strategiepapier sorgen. Ländern, die Menschenrechte einschränken, statt sie voranzubringen, soll Hilfe entzogen werden.

Menschenrechte und Interessen

Sich für die Menschenrechte stark zu machen, ist immer eine gute Sache. Moralisch wie fürs eigene Image. Und schön ist auch, dass es wenig kostet. Zumindest wenig Entwicklungsgeld. Mit ...

Das neue Konzept knüpft an den „Aktionsplan Menschenrechte“ der Bundesregierung vom vergangenen Jahr an und versteht sich als Fortentwicklung der BMZ-Aktionspläne von 2004 und 2008. Beabsichtigt sei keine bloße „Willensbekundung“, sondern eine verbindliche „Leitplanke“,an der sich die Entwicklungszusammenarbeit künftig strikt zu orientieren habe, sagte BMZ-Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz bei der Vorstellung in Berlin. Im Umgang mit den Partnerländern werde man künftig „ganz bewusst Druck ausüben“, um Menschenrechte zu schützen, wenn diese gefährdet sind. Auch in der Zusammenarbeit mit internationalen Entwicklungsinstitutionen wie den Vereinten Nationen oder der Weltbank will das BMZ darauf dringen, dass der Menschenrechtsschutz, einschließlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, stärker zur Voraussetzung für Hilfe aller Art wird. Ein „Menschenrechts-TÜV“ samt Nachhaltigkeitskontrolle soll künftig über die weitere Gewährung von Hilfsgeldern mitentscheiden.

Als Beispiele für diese Neujustierung nannte Beerfeltz den Umgang mit mehreren afrikanischen Ländern. So habe das BMZ im Februar bereits zugesagte Budgethilfen für Malawi auf Eis gelegt, nachdem das dortige Parlament Strafgesetzänderungen beschlossen hatte, die Homosexualität zwischen Frauen unter Strafe stellen und die Pressefreiheit einschränken. Uganda habe auf Druck des BMZ Pläne fallen lassen, für Homosexuelle die Todesstrafe einzuführen, sagte Beerfeltz. Länder, die den Menschenrechtsschutz voranbrächten – etwa Ghana, Kenia oder Ruanda –, verdienten dagegen Lob. Zu oft sei das Einfordern von Menschenrechtlern bis jetzt nicht viel mehr als „weiße Salbe“ gewesen, besonders in der Außenpolitik, kritisierte Beerfeltz.

Auch im Ressortkreis Kohärenz, in dem sich Staatssekretäre der verschiedenen Ministerien treffen, sowie im Bundessicherheitsrat, der über Waffenexporte befindet, wolle das BMZ künftig kraftvoller auftreten. Denn, so Beerfeltz: „Wir sind das Kohärenz-Ministerium.“ Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung im Auswärtigen Amt, Markus Löning, begrüßte das BMZ-Konzept als „Schritt nach vorn“. Eine konzise Menschenrechtspolitik der Bundesregierung setze ein geschlossenes Auftreten voraus.

Amnesty International forderte die Bundesregierung indes auf, in Menschenrechtsfragen mit der „Doppelzüngigkeit“ aufzuhören. Oft spielten in der praktischen Politik andere Interessen eine größere Rolle – etwa wenn Usbekistans schlechte Menschenrechtssituation kaum kritisiert werde, weil man den Bundeswehr-Stützpunkt in Termez für den Afghanistan-Einsatz nutzt.

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erschienen in Ausgabe 7 / 2011: Entwicklungsdienst: Wer hilft wem?
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