Bislang gibt es nur einen ersten Entwurf für die Ausrichtung der Entwicklungspolitik nach 2013, doch der kann sich bis zur Vorlage im Herbst noch deutlich ändern. Danach sollen die Demokratisierung, die Parlamente und die Zivilgesellschaft in den Partnerländern stärker gefördert sowie in laufenden Programmen und Projekten mehr Druck in Richtung „guter Regierungsführung“ gemacht werden. Die Brüsseler Entwicklungshilfe soll zudem auf die ärmeren Entwicklungsländer fokussiert, die Mittel für Schwellenländer wie Brasilien, Indien oder Südafrika hingegen sollten kritisch überdacht werden.
Autor
Heimo Claasen
ist freier Journalist in Brüssel und ständiger Mitarbeiter von "welt-sichten".Dies käme zwar den Auffassungen einiger EU-Länder wie Schweden und Großbritannien entgegen. Doch Leidtragende dieser Ausrichtung könnten die Armen in jenen Ländern sein, die zwar wirtschaftlich wachsen, in denen aber zugleich die wirtschaftliche Ungleichheit größer wird. Darauf haben Entwicklungsorganisationen bereits im Frühjahr hingewiesen, nachdem die EU-Kommission ihr entwicklungspolitisches „Grünbuch“ zur Vorbereitung der zukünftigen EU-Strategie vorgelegt hatte.
Der Entwurf nennt noch keine Zahlen zur Höhe der EU-Entwicklungshilfe ab 2013. Hinweise dazu enthält aber der Vorschlag zur mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2014 bis 2020, den die Kommission Ende Juni vorgelegt hat. Der sieht zwar vor, die Ausgaben für „auswärtiges Handeln“ von 56 Milliarden Euro im laufenden Finanzplan (2007 bis 2013) um ein Viertel auf 70 Milliarden Euro anzuheben. Aber der Löwenanteil davon entfällt auf die „Nachbarschaftspolitik“ in Südosteuropa und rund ums Mittelmeer.
Mehr Geld für Südosteuropa und die Mittelmeerländer
Auch die „Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitk“ der Europäischen Union erhält 27 Prozent mehr. Die Förderung von Demokratie und Menschenrechten in Drittländern wird zwar ebenfalls um ein Viertel gesteigert, allerdings auf einem viel niedrigeren Niveau, das gerade mal bei der Hälfte der Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung liegt. Der Dachverband der europäischen Entwicklungsorganisationen CONCORD freute sich denn auch etwas vorschnell über die Zunahme des Budgets für Außenpolitik, denn die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit (Development Cooperation Instrument, DCI) steigen über die Gesamtlaufzeit von sieben Jahren bis 2020 nur um bescheidene 15 Prozent. Im besten Fall reicht das für den Inflationsausgleich.
Indes soll der Europäische Entwicklungsfonds (EEF) für die Zusammenarbeit mit den mit der EU assoziierten Ländern in Afrika, der Karibik und der Pazifik-Region (AKP) laut dem Finanzplan der Kommission um die Hälfte von 20 Milliarden Euro auf 30 Milliarden aufgestockt werden. Das ist erstaunlich, weil in den Hauptstädten bisher nichts davon zu hören war, für den EEF, der nicht Teil des EU-Haushalts ist, mehr Geld bereitzustellen.
Mit nur knapp 7 Prozent ist das Budget für Außenpolitik weiterhin nur ein kleiner Posten im EU-Haushalt – zumal im Vergleich zu den Ausgaben für die Agrarpolitik, die im Plan 2014 bis 2020 nur um knapp 2 Prozent sinken sollen und dann immer noch einen Anteil von knapp 38 Prozent haben. Direkte Exportsubventionen für einzelne Agrarprodukte hat Brüssel in den vergangenen Jahren –im Einklang mit Vorgaben der Welthandelsorganisation – systematisch abgebaut, so dass manche Anklagen von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Entwicklungsländern nunmehr ins Leere laufen. Die EU-Agrarhilfen wurden auf Direktzahlungen je nach Größe der landwirtschaftlichen Betriebe (der erste Pfeiler der EU-Agrarpolitik) sowie auf Belohnungen für Umwelterhaltung und die Entwicklung des ländlichen Raums (der zweite Pfeiler) umgeschichtet. In der Summe ergibt das freilich die gleiche Sockelfinanzierung wie früher durch die direkten Agrarpreisgarantien der EU.
Die laufende Reform der EU-Agrarpolitik treibt diesen Wandel voran; nach 2013 sollen Exportpreis-Garantien ganz verschwinden. Das EU-Parlament und die meisten EU-Regierungen unterstützen das – ebenso wie den bleibend hohen Anteil der Agrarpolitik im Rahmenhaushalt bis 2020. Gestritten wird allenfalls über das Tempo, in dem „historische Unterschiede“ abgebaut werden sollen – beispielsweise, dass Großgrundbesitzer wie das britische Könighaus pro Hektar wesentlich höhere EU-Beihilfen erhalten als polnische oder slowenische Kleinbauern.
Die EU-Agrarpolitik anzugreifen, wird schwieriger
Entwicklungsländer – und entwicklungspolitische Organisationen – befinden sich damit in der unbequemen Lage, dass die EU-Agrarproduktion (und damit indirekt auch die Lebensmittelindustrie) von Brüssel weiterhin gepäppelt und mit Wettbewerbsvorteilen ausgestattet wird, dies aber politisch und wirtschaftlich viel schwieriger anzugreifen ist als die so offensichtlich unsinnigen EU-Subventionen für Weinseen und Butterberge vergangener Zeiten.Immerhin einen Lichtblick bietet der EU-Haushaltsplan: Die Kommission hat sich trotz intensivster Lobbyarbeit der Finanzbanker dazu durchgerungen, die leichte Zunahme des Haushalts um 5 Prozent vor allem aus den Einnahmen einer Finanztransaktionssteuer zu finanzieren.
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