Als Stärke der beiden Organisationen erwies sich schon früh ihre klare Zielsetzung: Auf der Basis christlich-sozialer Wertvorstellungen wollten sie den in Not geratenen Menschen nicht nur eine Überlebenshilfe anbieten, sondern ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen. Sie erkannten schnell, dass eine glaubwürdige Entwicklungszusammenarbeit im eigenen Land ansetzen muss, und beschlossen schon kurz nach ihrer Gründung auf ökumenischer Basis zusammenzuarbeiten. Dies geschah und geschieht noch immer in gemeinsamen Informations- und Sammelaktionen. Immer häufiger fanden sie dabei die Lösungsansätze für Probleme in Entwicklungsländern in der Forderung nach Verhaltensänderungen in der westlichen Gesellschaft und ihrem wirtschaftspolitischen Kurs. 1986 forderten sie in ihrem „Manifest 2000“ die „Überwindung der mörderischen Kluft zwischen Nord und Süd“.
Autor
Urs A. Jaeggi
ist Journalist im Ruhestand und war von 1990 bis 2004 Kommunikationsbeauftragter der Organisation "Brot für alle" in Bern.Das Manifest fand seinen Ausdruck etwa im Protest gegen Waffenexporte oder in der Kritik am Verhalten schweizerischer Banken während der Apartheidpolitik in Südafrika. Mit der Gründung einer Importorganisation für Waren aus der Dritten Welt, an der Brot für alle und Fastenopfer maßgeblich beteiligt waren, wurde schon 1977 der Weg für fairen Handel mit Entwicklungsländern geebnet. Und mit der Petition „Entwicklung braucht Entschuldung“ gelang es ihnen gemeinsam mit vier anderen Hilfswerken, das Parlament aus Anlass des 700-Jahr-Jubiläums der Eidgenossenschaft 1991 zur Freigabe von 700 Millionen Franken zur Schuldentilgung hoch verschuldeter Entwicklungsländer zu bewegen.
Kann die 50-jährige Erfolgsgeschichte kirchlicher Entwicklungszusammenarbeit auf ökumenischer Basis – seit 1992 ist mit dem christkatholischen Hilfswerk Partner sein auch die dritte Landeskirche eingebunden – in Zukunft fortgeschrieben werden? Das wird zumindest nicht einfach sein. Die schwindende gesellschaftliche Bedeutung der Kirchen und ihre damit verbundene oft ausweichende und unscharfe Haltung in politischen Grundsatzfragen erleichtern weder die Arbeit von Brot für alle und Fastenopfer noch deren Finanzierung. Hinzu kommt die enorme Konkurrenz auf dem Spendenmarkt. Der Aufwand, um die notwendigen Mittel für eine wirkungsvolle Entwicklungsarbeit zusammenzubekommen, wird immer größer.
Angesichts drohender Wirtschaftskrisen und hoher Staatsverschuldung in Europa ist das Klima für kostenintensive Entwicklungszusammenarbeit auch in der Schweiz nicht gerade das Beste. Obwohl die Schweizer Parlamentarier jüngst mehrheitlich einer Erhöhung der Entwicklungshilfe auf 0,5 Prozent des Brutto-Inlandprodukts gestimmt haben, werden die kirchlichen Hilfswerke – trotz guter Zusammenarbeit mit der DEZA – wohl kaum mehr öffentliche Mittel erhalten als bislang.
Zu ihrem 50. Geburtstag wollen die beiden Werke eine Dialogplattform einrichten. Sie soll über vorerst drei Jahre Akteuren aus (Entwicklungs-)Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Südpartnern die Möglichkeit zu einem vertieften Austausch bieten. Dabei sollen Konzepte der Entwicklung hinterfragt und neue Ansätze erarbeitet werden. In Seminare und webbasierte Foren sollen entwicklungsrelevantes Wissen und Erfahrungen aus verschiedenen Kontexten einfließen, die für die Netzwerke von Brot für Alle und Fastenopfer nutzbar gemacht werden können. Das klingt abstrakt, kann sich aber durchaus zu einem Thinktank entwickeln, der der Entwicklungsarbeit neue Impulse verleiht.
Beide Werke wollen zudem die Bindung zu ihren Kooperationspartnern auf nationaler und internationaler Ebene stärken, insbesondere im globalen Süden. Die engere Zusammenarbeit mit der DEZA und mit der Arbeitsgemeinschaft der großen schweizerischen Entwicklungsorganisationen „alliance sud“, aber auch mit internationalen Dachorganisationen im kirchlichen und im zivilgesellschaftlichen Bereich sind in einer zunehmend globalisierten Welt unverzichtbar. Zudem wäre zu überlegen, ob die bisher erfolgreiche Zusammenarbeit der drei kirchlichen Entwicklungsorganisationen im Zusammenschluss zu einem ökumenischen Werk nicht auch eine Zukunftsperspektive wäre.
Neuen Kommentar hinzufügen