Keine Zusammenarbeit mehr mit Eritrea

Menschen aus Eritrea halten Transparente hoch und demonstrieren.
picture alliance/KEYSTONE/PETER SCHNEIDER
Der Versuch der Schweizer Regierung, das eritreische Regime mit Hilfe von Entwicklungszusammenarbeit zur Rücknahme von Asylsuchenden zu bewegen, legitimiert ein autokratisches Regime. Demonstrierende aus Eritrea im Juni 2024 bei einer Kundgebung in Bern gegen die dortige Diktatur.
Schweiz
Die Schweiz lässt ihre Entwicklungshilfe in Eritrea auslaufen. Eigentlich wollte die Regierung mit der Zusammenarbeit migrationspolitische Ziele erreichen. Das ist laut einer Evaluierung aber nicht gelungen.

Im Jahr 2006 schloss die Schweiz ihr Büro für humanitäre Hilfe in Eritrea, nachdem das eritreische Regime die Arbeit von internationalen Hilfsorganisationen immer weiter eingeschränkt hatte. Doch 2017 stieg die Schweizer Entwicklungsagentur DEZA wieder ein: Mit einer Million Franken jährlich hat sie seitdem zwei Berufsbildungsprojekte  in Eritrea gefördert. Der Bundesrat antwortete damit auf einen Vorstoß aus dem Parlament, die Schweiz solle ihre diplomatischen Beziehungen mit Eritrea verstärken, um die Migration aus von dort einzudämmen.

Doch Anfang Februar erklärte die Regierung nun, die Schweiz werde die Unterstützung für die Projekte einstellen. Die Beziehungen zu Eritrea hätten sich im Zuge der Zusammenarbeit zwar verbessert, sagt Michael Steiner, Sprecher des Außendepartements EDA gegenüber Keystone/SDA. Doch das eigentliche Ziel, das eritreische Regime dazu zu bewegen, abgewiesene Asylbewerber aus der Schweiz wieder aufzunehmen, habe man verfehlt.

"Keine wesentlichen Fortschritte"

Dieses Fazit zieht auch ein Evaluationsbericht zur zweiten Projektphase, der bereits 2024 veröffentlicht wurde: Abgesehen von Kleinigkeiten, etwa bei der Kooperation zur Identifizierung von Asylbewerbern, „konnte der Migrationsdialog beim Thema Rückkehr keine wesentlichen Fortschritte erzielen“, heißt es darin. Die Annahme, mithilfe von Entwicklungszusammenarbeit migrationspolitische Ziele zu erreichen, sei „wenig plausibel und unvollständig“. Hinzu komme, dass die eritreische Regierung an einem Migrationsdialog gar nicht interessiert sei.

Entwicklungsexpertinnen überrascht die Erkenntnis nicht: Das Fazit der Evaluierung deckt sich mit ihrer Kritik, die sie bereits bei der Lancierung der beiden Projekte in Eritrea geäußert haben. Die Vorhaben seien „nicht aufgrund der Bedürfnisse in der Bevölkerung entwickelt“ worden, sagt Laura Ebneter von Alliance Sud. „Dass das nicht funktioniert, erstaunt uns nicht. Internationale Zusammenarbeit kann nicht für Migrationspolitik instrumentalisiert werden.“ 

 Auch das erklärte Ziel, mit Entwicklungshilfe die Migration Richtung Schweiz zu reduzieren, sei von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen, so Ebneter: „Internationale Zusammenarbeit kann Lebensperspektiven schaffen, aber man kann damit nicht Migration stoppen.“ Das zeigt sich bei den Eritrea-Projekten ganz praktisch: Ziel der Berufsbildung sei es unter anderem gewesen, Perspektiven im Land zu schaffen, doch dafür fehlten in den Berufsfeldern der Projekte schlicht die Arbeitsplätze. Auch die Evaluation stellt fest, die Projekte hätten in Bezug auf die „Reduktion von Push-Faktoren“ kaum Einfluss gehabt. 

Dass die Eritrea-Projekte trotz dieser Bedenken unterstützt wurden, zeige, wie hoch der innenpolitische Druck auf den Bundesrat sei, die Rückführung abgewiesener Asylbewerber voranzutreiben. „Ich denke, es ging vor allem darum zu zeigen, dass man etwas macht“, sagt Ebneter. Um aber wirklich Druck auf das eritreische Regime aufzubauen, sei die Projektförderung in Höhe von insgesamt sieben Millionen Franken viel zu gering.

Risiko der Legitimierung von Menschenrechtsverletzungen

Ebenfalls kaum Nutzen, dafür aber potenziellen Schaden sieht Beat Gerber von Amnesty Schweiz. Indem mit Entwicklungszusammenarbeit das eritreische Regime dazu bewegt werden sollte, Asylbewerber zurückzunehmen, habe die Regierung riskiert, „ein Regime zu legitimieren, dem schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden“, sagt Gerber. Amnesty Schweiz ist daher auch kategorisch gegen die Rückführung von Asylbewerbern nach Eritrea: „Wir wissen einfach nicht, was mit ihnen danach passiert, und es gibt keine Garantie, dass sie nicht Opfer von Repression werden.“

Die Schweizer Unterstützung für die Eritrea-Projekte zeigt, wie stark die Entwicklungszusammenarbeit trotz aller Kritik mittlerweile mit migrationspolitischen Zielen verknüpft ist. „In der letzten außenpolitischen Strategie wurde das zum Leitmotiv“, sagt Gerber. Damit stehe die Schweizer Außenpolitik zunehmend im Widerspruch zu ihrem Grundsatz, die Menschenrechte hochzuhalten.

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