„Wenn getestet wird, sinkt die Zahl der Fälschungen“

Arzneimittel
Um gefälschte Medikamente und solche von minderer Qualität aufzuspüren, arbeitet das Deutsche Institut für ärztliche Mission (Difäm) in einem „Minilab-Netzwerk“ mit zurzeit 19 Partnern aus 13 Ländern zusammen. Deren Erkenntnisse speisen auch die WHO-Datenbank.

Christine Häfele-Abah ist Apothekerin mit Master in International Health und Leiterin der Zentralen Beschaffungsstelle und der Pharmazeutischen Entwicklungszusammenarbeit bei Difäm Weltweit.

Was ist ein Minilab?
Ein Minilab ist ein tragbares Labor, das aus zwei Koffern besteht, die Labormaterialien, Referenzstandards und Chemikalien enthalten. Damit kann man Medikamente auf über 100 Wirkstoffe testen, die hauptsächlich auf der WHO-Liste der unentbehrlichen Medikamente basieren – darunter Malariaarzneien, Antibiotika und Mittel gegen chronische Erkrankungen wie beispielsweise Blutdrucksenker.

Wie läuft so ein Test ab?
Das passiert in drei Schritten. Zunächst gibt es eine Checkliste für den äußeren Eindruck. Stimmen die Angaben auf den Blistern, also auf den Tablettenpackungen im Inneren, mit denen auf der äußeren Verpackung überein? Gibt es Schreibfehler? Werden Chargennummern und Verfallsdaten genannt? Solche Angaben sind bei Fälschungen oft fehlerhaft. Im zweiten Schritt wird getestet, wie schnell etwa eine Tablette oder eine Kapsel in einer bestimmten Wassermenge zerfällt – das wird dann mit den jeweiligen Vorgaben abgeglichen. Der dritte Schritt ist der komplizierteste: eine Dünnschichtchromatografie. Das ist eine physikalisch-chemische Analyse, mit der Stoffgemische auf Kieselgelplatten mit Hilfe von Lösungsmitteln in ihre Einzelbestandteile aufgetrennt werden können. 

Wie schwer ist das Ergebnis zu interpretieren?
Die Koffer bieten zum Abgleich Referenzstandards, also Tabletten mit gesichertem Wirkstoffgehalt. Diese laufen mit jeder Arzneimittelprobe mit und dienen der Überprüfung des enthaltenen Wirkstoffs und dessen Menge. Ist der Unterschied groß, schicken unsere Partner das jeweilige Mittel für einen umfassenderen Test an ein Referenzlabor. Stellt sich dann heraus, dass das Mittel gefälscht oder von sehr schlechter Qualität ist, wird das an die lokalen Behörden vor Ort und an die WHO gemeldet, die dann gegebenenfalls eine Warnmeldung für das Produkt herausgibt. 

Werden die Hersteller dieser Produkte dann zur Verantwortung gezogen?
Die lassen sich leider oft nicht ermitteln, das hängt nicht zuletzt von der Ausstattung und der Motivation der zuständigen lokalen Behörden ab. Dennoch erfüllen die Warnmeldungen einen wichtigen Zweck: erstens, dass die unwirksamen und schlimmstenfalls gefährlichen Mittel vom Markt genommen werden, zweitens den der Abschreckung. Denn wenn bekannt ist, dass getestet wird, sinkt die Zahl der Fälschungen.

Das heißt, tendenziell bessert sich die Situation?
Mein Eindruck ist: ja. In Ostafrika beispielsweise registrieren wir weniger Fälschungen und mangelhafte Präparate als noch vor einigen Jahren. Andererseits sind in großen Flächenländern wie Nigeria und erst recht in politisch instabilen Staaten wie der Zentralafrikanischen Republik oder dem Tschad noch viel zu viele minderwertige Medikamente im Umlauf. 
Eine Studie mit unseren nigerianischen Partnern und der Universität Tübingen hat kürzlich ergeben, dass 25 Prozent der Medikamente, die in Nigeria verkauft werden, von minderwertiger Qualität sind. Das ist schon erschütternd. Weltweit geht die WHO davon aus, dass etwa zehn Prozent aller Medikamente in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen von minderer Qualität oder gefälscht sind.

Das Gespräch führte Barbara Erbe.

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erschienen in Ausgabe 1 / 2025: Abwehrkräfte stärken
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