Regierung am Scheideweg

Bangladesch
Nach dem Sturz von Premierministerin Sheikh Hasina hat Bangladesch die Chance auf eine demokratischere Ordnung. Machtkämpfe und Einflüsse von außen erschweren das aber laut einer neuen Studie.

Der Politikwissenschaftler Paul Staniland hat für das Carnegie Endowment for International Peace eine Analyse der politischen Situation des Landes vorgelegt. Die Regierung Sheikh Hasinas, die im August durch landesweite Proteste und das Militär gestürzt wurde, beschreibt er als „kompetitiv autoritär“. Zwar gab es ihm zufolge unter ihr demokratische Institutionen, aber sie kamen wegen Amtsmissbrauchs der Machthaber kaum zum Tragen. Mit dem Ende dieser Regierung habe sich Bangladesch in eine Übergangsphase begeben; die Interimsregierung unter der Leitung des Nobelpreisträgers Muhammad Yunus strebt demokratische Reformen vor allem in den Bereichen Wahlen, Polizei und Verfassung an.

Eine günstige Bedingung dafür sieht Staniland darin, dass es in Bangladesch keine regionalen, ethnischen oder sprachlichen Spaltungen gebe. Religiöse Spannungen gebe es aber sehr wohl: Nach dem Sturz der Regierung von Sheikh Hasina wurden vielerorts in Bangladesch Hindus, Buddhisten und Christen angegriffen, weil sie als Unterstützer der Awami-Liga von Sheikh Hasina gelten, die für einen eher säkularen Staat eintritt.  

Nähe zwischen Islam und Nationalismus

Als zentrales Problem für die neue Regierung, dessen Verfassung den Islam zur Staatsreligion erklärt, identifiziert Staniland deshalb die enger werdende Beziehung zwischen dem Islam und dem Nationalismus; sie könne zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen. Auch werde die Akzeptanz für die neue Regierung von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen, die in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten ist – das sei auch ein Grund für die Protestwelle gewesen, die die alte Regierung aus dem Amt gejagt hat. Darüber hinaus werde eine wichtige Rolle spielen, ob und wie Verantwortliche der Hasina-Regierung für Menschenrechtsverletzungen bestraft werden.

Außenpolitisch würden angesichts der Gewalt gegen Hindus und einer möglichen Islamisierung in Bangladesch die Beziehungen zu Indien komplizierter. Zudem müsse die Interimsregierung mit den Folgen des Bürgerkriegs im benachbarten Myanmar umgehen, insbesondere im dortigen Bundesstaat Rakhine, aus dem Hunderttausende bedrohte Rohingya nach Bangladesch fliehen. 

 

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