Mitte August hat sich eine Mehrheit der UN-Mitglieder dafür ausgesprochen, eine bei den Vereinten Nationen angesiedelte Rahmenkonvention für die Kooperation in der internationalen Steuerpolitik auszuarbeiten. Das ist eine gute Nachricht, denn schon lange fordern Fachleute, dass die Staaten in der Steuerpolitik enger kooperieren, um Missstände wie Steuerwettläufe nach unten, Kapitalflucht in Steueroasen und die teils illegale Steuervermeidung multinationaler Konzerne zu bearbeiten. Die Vereinten Nationen sind der richtige Ort dafür, weil hier die Entwicklungsländer mitentscheiden können, die von solchen Missständen oft besonders betroffen sind.
Gut ist auch, dass sich die Staaten für eine Rahmenkonvention entschieden haben und nicht lediglich für ein Abkommen, das auf Freiwilligkeit beruht. Eine Rahmenkonvention – wie etwa die UN-Klimakonvention – ist ein völkerrechtlich scharfes Schwert: Auf ihrer Grundlage können in Protokollen verbindliche Regeln für wichtige Fragen der internationalen Steuerpolitik verabschiedet werden. In den Richtlinien (Terms of Reference) für die Arbeit an der Steuerkonvention, die ein Komitee Mitte August beschlossen hat, werden als mögliche Themen solcher Protokolle die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, also etwa von Unternehmen wie Google, Apple oder Microsoft, und Vorkehrungen gegen illegale und illegitime Finanzflüsse zum Zweck der Steuervermeidung vorgeschlagen.
Die Gruppe der Neinsager ist geschrumpft
Die UN-Generalversammlung muss während ihrer im September beginnenden Sitzung die Terms of Reference verabschieden, bis zum Jahr 2027 soll die Konvention ausgearbeitet werden. Im Dezember 2023 hatte die Generalversammlung auf Initiative afrikanischer Staaten grünes Licht dafür gegeben. Damals hatten von 181 Staaten noch 48 dagegen gestimmt, vor allem die Industrieländer Nordamerikas und Europas. Bei der Abstimmung über die Terms of Reference ist die Gruppe der Neinsager auf acht geschrumpft, darunter Australien, Großbritannien, Israel, Japan, Kanada und die USA. Die meisten europäischen Staaten hingegen haben sich während der Beratungen in diesem Jahr aktiv eingebracht und sich bei der Abstimmung im August enthalten.
Das heißt allerdings nicht, dass sie ihre Skepsis gegen eine neue Konvention und gegen mehr Verantwortung und Befugnisse der Vereinten Nationen in der internationalen Steuerpolitik abgelegt hätten. Sie haben offenbar nur eingesehen, dass die bisherige Verweigerungshaltung nichts gebracht hat. Die Gefahr besteht, dass sie die nun anstehenden Beratungen und Verhandlungen über die Konvention verschleppen und inhaltlich verwässern – dass sie also statt nur trotzig Nein zu sagen den ganzen Vorgang bremsen.
Afrika entgehen jährlich Hunderte Milliarden US-Dollar
Das zeichnet sich jetzt schon ab, etwa in den Eingaben europäischer Staaten zu den Beratungen über die Terms of Reference. Da wird zwar stets betont, wie wichtig die Arbeit an der Konvention sei, zugleich wird subtil dafür plädiert, deren Mandat möglichst diffus zu halten und sich nicht schon jetzt auf bestimmte Aufgaben wie den Kampf gegen Steuervermeidung multinationaler Konzerne und superreicher Personen festzulegen. Betont wird stattdessen, ärmere Länder müssten unterstützt werden, wirksamer Steuern zu erheben – als gehörte beides nicht untrennbar zusammen: Den Staaten Afrikas etwa entgehen jährlich Hunderte Millionen US-Dollar an Steuereinnahmen, weil Konzerne tricksen, vor allem solche aus den reichen Ländern. Für Steuerfachleute in Afrika gehört der Kampf gegen illegale und illegitime Finanzflüsse deshalb ganz nach oben auf die Tagesordnung, um zu wirksameren und faireren Steuersystemen auf dem Kontinent zu kommen.
Die Staaten Europas sollte das ernst nehmen und die Arbeit an der UN-Steuerkonvention in den kommenden Jahren gemeinsam mit den Entwicklungsländern, die die Angelegenheit ins Rollen gebracht haben, konstruktiv unterstützen und nicht torpedieren. So könnten sie dem globalen Süden zeigen, dass sie es ernst meinen mit einer Nord-Süd-Partnerschaft auf Augenhöhe in der entstehenden neuen Weltordnung.
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