Der Druck auf Agrarland steigt, zeigt IPES-Food, eine Denkfabrik von Fachleuten für nachhaltige Ernährung und Landwirtschaft aus aller Welt, in einer neuen Studie. Und er komme jetzt von vielen Seiten.
Demnach erwarben nach der Nahrungspreiskrise 2007-2008 vor allem Nahrungsmittelkonzerne, Großinvestoren und Staatsfonds große Agrarflächen in Entwicklungsländern. Laut IPES-Food hat das nie ganz aufgehört; das Ausmaß hat abgenommen, steigt seit dem Krieg in der Ukraine aber wieder. Und zu den alten Triebkräften seien nun neue hinzugekommen.
Agrarland als Finanzanlage
Erstens kämen Käufer und Investoren zunehmend aus Ländern des globalen Südens wie China, Indien und Brasilien. Zweitens zielten Landkäufe oder Landinvestments in Afrika, Asien und Lateinamerika häufig nicht mehr auf Anbauflächen selbst, sondern auf die Kontrolle über Bodenschätze oder Wasserquellen dort. Wasser werde dann im Sinne schneller Renditen übermäßig genutzt, zum Beispiel für den Anbau hochpreisiger Beeren. Beim Bergbau würden weit über die Minen hinaus Land und Gewässer verschmutzt.
Drittens, so der Bericht, hat die Finanzwirtschaft Produkte entwickelt, die Land zur neuen Anlageform etwa für für Versicherungen oder Pensionsfonds machen. Damit können Investoren, die nicht an Landwirtschaft, sondern nur an rentablen und mehr oder weniger sicheren Kapitalanlagen interessiert sind, Besitzanteile an Agrarland ständig kaufen und wieder verkaufen. Das hat laut IPES-Food die Spekulation mit Nutzland angeheizt und dessen Preise dramatisch hochgetrieben.
Viertens führe der Ausbau der industriellen Landwirtschaft und die Macht großer Agrar- und Nahrungsmittelfirmen zur Verdrängung kleiner Erzeuger und zu Landkonzentration bei den großen – besonders in Amerika und Europa. Und fünftens werde immer mehr Land für globalen Klima- und Artenschutz beansprucht. Solarparks, Agro-Energie, Naturschutz oder CO2-Kompensation seien jetzt der Zweck von rund einem Fünftel der erfassten großen Landtransfers. Manche Pläne hierfür sind laut dem Bericht geradezu absurd. So rechneten die Staaten in ihren Zusagen für Klimaneutralität mit so vielen naturbasierten Ausgleichsmaßnahmen, zum Beispiel Aufforstung, dass dafür zusammen genommen so viel Fläche nötig wäre wie das gesamte heutige Ackerland.
IPES-Food fordert weitreichende Schritte, um gegenzusteuern und die Rechte kleiner Erzeuger zu schützen. Dazu gehören demokratische Raumplanung, Vorrang für gemeinschaftliches Landmanagement, Obergrenzen für Agrarinvestments und ein Recht für Bauern und Agrargemeinschaften, Landverkäufe zu verhindern.
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