Als einer der ersten Kritiker des Abkommens fand der Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Fridolin Ambongo Besungu, deutliche Worte. In seiner Predigt kurz nach Unterzeichnung des Abkommens warf er der Europäischen Union beim Thema seltene Erden und grüne Energiewende Doppelmoral vor. Die EU erkaufe sich ihre „saubere“ Energie mit dem Blut anderer und finanziere mit dem Abkommen den Krieg in seinem Land, sagte er.
Ende Februar hatten die EU und das Nachbarland der DR Kongo, Ruanda, ein Abkommen unterzeichnet, demzufolge der Abbau strategischer Mineralien nachhaltig und rückverfolgbar sein müsse. Nach Einschätzung der EU ist Ruanda „weltweit ein wichtiger Akteur im Tantalbergbau“. Das Land fördere außerdem Zinn, Wolfram, Gold und Niob und verfüge über Reserven an Lithium und anderen seltenen Erden. Die EU will sich mit dem Abkommen einen Zugriff auf seltene Erden wie Lithium, Wolfram und Niob sichern, „die eine wesentliche Voraussetzung für die Verwirklichung grüner und sauberer Energieziele sind“, heißt es in der Mitteilung der EU-Kommission.
Laut UN sind Truppen aus Ruanda beteiligt
Ruanda gilt aber auch als ein Strippenzieher im Krieg im Osten der DR Kongo, wo noch wesentlich größere Vorkommen der für die grüne Energiewende zentralen Mineralien liegen. Unter den in der kongolesischen Provinz Nord-Kivu operierenden Guerillatruppen ist auch die berüchtigte Rebellengruppe M23. Diese werde von Ruanda unterstützt, sagen verschiedene Beobachter. Die Regierung in Kigali bestreitet das. Aber nach Berichten der UN, die seit 25 Jahren Blauhelme in den Ostkongo entsendet, die sie nach der jüngsten Gewaltwelle Anfang Februar aber vorzeitig abgezogen hat, sind ruandische Streitkräfte sogar direkt und mit hochentwickelten Waffen in die Kämpfe verwickelt.
„Aggressoren und multinationale Konzerne verbünden sich, um die Kontrolle über den Reichtum des Kongo zu erlangen, zum Nachteil und unter Missachtung der Würde der friedlichen kongolesischen Bürger“, schloss Ambongo in seiner Predigt. Um Frieden für sein kriegsgebeuteltes Land zu erreichen, müsse der „schamlose Raubbau“ aufhören.
Auch andere Stimmen in Afrika äußern Kritik. Wie könne die EU ein Abkommen mit einem Land unterzeichnen, das gar nicht über nennenswerte Vorkommen dieser strategischen Materialien verfüge, fragt „Together for Peace in Congo“ (IPC) in einem Statement vom 7. März. IPC ist ein Zusammenschluss von Menschenrechtsgruppen, Afrika-Vereinen und christlichen Missionswerken, darunter das Netzwerk „Rete Pace per il Congo“. Sie fordern die Annullierung dieses Abkommens.
Statt eines Abkommens werden Sanktionen gefordert
Ruanda sei nur dank der Kriege, die es seit 1996 in der Demokratischen Republik Kongo immer wieder angezettelt habe, zu einem wichtigen Exporteur dieser Mineralien geworden, „und zwar durch verdeckt agierende Bewegungen, die in den letzten Jahren den Namen M23 angenommen haben.“ Mit Hilfe korrupter Beamter auf verschiedenen Ebenen flössen aus dem Osten des Kongo seit Jahren wertvolle Mineralien in großen Mengen nach Ruanda und in andere östliche Nachbarländer. Das sei jetzt noch einfacher geworden, weil die M23-Rebellen Gebiete gleich jenseits der Grenze zu Ruanda kontrollierten. „Der Preis dafür sind Tote, Gewalt jeglicher Art, Raub des Eigentums einer Bevölkerung, deren einziger Fehler es ist, in einem begehrten Gebiet zu leben.“ Mehr als eine Million Vertriebene gebe es derzeit allein im Osten der Region, die mitten in der Regenzeit in behelfsmäßigen Hütten „elendiglich überleben oder sterben“, heißt es in dem Statement.
Neben der Annullierung des Abkommens fordert IPC Sanktionen der EU gegen Ruanda. „Wenn das Ziel des Abkommens vom 19. Februar darin besteht, die Rückverfolgbarkeit und Transparenz zu verbessern und den Kampf gegen den illegalen Handel mit Mineralien zu verstärken, wäre es dann nicht angemessener, Sanktionen gegen Ruanda zu verhängen, anstatt mit ihm Vereinbarungen über die Folgen des andauernden Raubüberfalls zu treffen?“, fragt IPC.
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