TB Joshua war als Gründer der Synagogue Church of All Nations und als charismatischer Fernseh-Evangelist in ganz Nigeria bekannt. Millionen Menschen im In- und Ausland sahen Videos, die zeigen, wie er wunderwirksam Menschen von HIV, Krebs, Blind- oder Taubheit heilt. Joshuas Kirche zog auch Tausende Touristen aus allen Teilen der Welt an und hochrangige Politiker verschiedener afrikanischer Staaten.
Heute, knapp drei Jahre nach seinem Tod, diskutieren die Menschen überall in Nigeria darüber, ob er ein wahrer Gottesmann war oder nicht. Der Grund: 25 ehemalige Anhängerinnen aus Nigeria, Deutschland, Großbritannien, Ghana, den USA und Südafrika, die damals mit ihm auf dem Anwesen seiner Kirche in Lagos lebten, machen ihm heute schwere Vorwürfe. Es geht um sexuellen Missbrauch, Vergewaltigung, körperliche Misshandlungen und das bewusste Vortäuschen von „Wundern“, um Joshuas Kirche weltweit attraktiv zu machen.
Die Vorwürfe haben einen Keil mitten durch die christlichen Gemeinden Nigerias getrieben. Während die eine Hälfte in den Anschuldigungen die Bestätigung dafür sieht, dass Joshua schon immer ein Okkultist und Scharlatan, aber kein wahrer Christ war, bestreitet die andere Hälfte die Vorwürfe vehement. So gibt sich Pastor Joshua Iginla, ebenfalls Fernsehprediger und Wunderheiler, wie zahlreiche weitere Wunderprediger überzeugt, dass die Anschuldigungen gegen TB Joshua falsch sind. Der sei der am meisten verfolgte Pastor der Welt und seine Kritiker seien „blutsaugende Teufel“. Der nigerianische Sänger und Liedermacher Victor Adere verteidigt Joshua damit, dass er Aderes Familie Obdach gegeben habe, als sie in Schwierigkeiten war, und mehrere der Familienmitglieder von Krankheiten geheilt habe. Joshua habe sich um die Armen gekümmert.
"Kirchen sind zu Unternehmen geworden"
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Der Zeitungskommentator Julius Ogunro wiederum beschreibt den verstorbenen Pastor als einen Mann, „der sich den Anschein gab, er führe eine mildtätige Kirchengemeinde, aber insgeheim ein Betrüger, Vergewaltiger, Hypnotiseur und Manipulator war“. Nicht nur Joshua, auch viele andere prominente nigerianische Priester mussten sich in der Vergangenheit Anschuldigungen wegen sexuellem Missbrauch, Vergewaltigung und gefälschten „Wundern“ stellen. Kürzlich hat ein Gericht Feyi Oluwafeyiropo Daniels, den extravaganten Gründer der iReign Christian Familiy – Reign in Life, wegen Vergewaltigung eines Gemeindemitglieds zu lebenslanger Haft verurteilt. Ifedayo Olarinde, Oberhaupt der Free Nation Online Church, meint, dass sich viele nigerianische Priester sogar schlimmer benehmen, als Joshua es tat: „Kirchen sind zu Unternehmen geworden, deren Pastoren ihre Gemeindemitglieder einer Gehirnwäsche unterziehen und sie ausbeuten.“
In der Öffentlichkeit, in den sozialen Medien und von Seiten der Frauenbewegung werden die Rufe lauter, dass die Regierung die Kirchen stärker kontrollieren und Fehlverhalten von Pastoren mehr untersuchen und bestrafen soll. Das ist in einem tief religiösen Land wie Nigeria aber nicht so einfach, berichtet der christliche Theologe Nimi Wariboko. Viele Politiker trauten sich an die Kirchen nicht heran, da sie sehr populär seien. Und auch die Politiker selbst seien häufig sehr religiös. Was bleibt, ist trotz allem ein gewisser Vertrauensschwund gegenüber charismatischen Kirchenführern, die mit Wunderheilungen arbeiten.
Aus dem Englischen von Barbara Erbe.
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