Als er 14 war, taten James Okina die Kinder leid, die in seiner Heimatstadt Calabar ohne elterlichen Schutz auf der Straße lebten. Er sah sie regelmäßig, wenn er zur Arbeit ging. Bat er Erwachsene darum, diesen Kindern zu helfen, bekam er meist zur Antwort, dass das eine Aufgabe der Regierung sei oder auch der Kirche. Manche Menschen antworteten auch, dass so etwas eben zum Leben dazugehöre.
Nichtsdestotrotz sparte er sich etwas von seinem Lohn als Marketingassistent in einer Modefirma ab und warb erfolgreich um eine Spende von seinem Chef, so dass er einem Kind, das er auf der Straße kennen gelernt hatte, den Schulbesuch ermöglichen konnte. Bald darauf gelang ihm dasselbe für ein zweites Kind – und er gründete die Organisation Street Priests. Nach und nach sammelte er Spender und Freiwillige um sich, die ihm dabei halfen, Straßenkinder, die häufig Drogen nahmen und ins kriminelle Milieu abrutschten, wieder mit ihren verarmten Familien zusammenzubringen und ihnen den Schulbesuch zu ermöglichen.
Essen, trinken, Integration
Heute führt die Organisation ein Gemeindezentrum, in dem Straßenkinder spielen, Musik hören, Filme sehen und Handwerke sowie Lesen und Schreiben lernen. „Unser Ziel ist es, ihnen einen Ort zu bieten, an dem sie täglich zusammenkommen, essen und lernen können, sich in die Gesellschaft zu integrieren und idealerweise auch wieder zur Schule zu gehen“, erzählt Okina. Denjenigen, die gar keine Bindung mehr zu ihren Familien haben oder die über 18 sind, versucht das Zentrum Ausbildungsmöglichkeiten zu vermitteln, beispielsweise als Schuster oder als Schneider, so dass sie von ihrer Arbeit irgendwann leben können.
In den neun Jahren seit ihrer Gründung haben die Street Priests durch Spenden von Privatpersonen und Firmen rund 4000 Kindern und Jugendlichen geholfen, berichtet Okina, der selbst keine leichte Kindheit hatte. Als er acht Jahre alt war, trennten sich seine Eltern und er blieb bei seinem Vater, der selten daheim war. Sich selbst überlassen, war der Junge vier Jahre lang kaum in der Schule, sondern eher als Ladendieb unterwegs. Dann nahm sich ein Nachbar seiner an und ein Cousin wurde sein spiritueller Führer. Als Zwölfjähriger beendete Okina seine Laufbahn als Kleinkrimineller, ging wieder in die Schule und wurde bald Klassenbester.
Diese glückliche Wendung hat ihn geprägt. „Ich weiß: Wenn ich mein Leben ändern konnte, dann kann ich auch andere dabei unterstützen, ihr Leben zu ändern.“ Die meisten wollten das auch, wenn sie die Gelegenheit dazu bekämen. „Das Leben auf der Straße ist brutal, viele werden krank und sterben, es ist ein Alptraum“, sagt er. Er sei glücklich, dass unter den Hunderten Freiwilligen, die seine Organisation inzwischen tatkräftig unterstützten, auch einige ehemalige Straßenkinder seien. „Das ist ein großer Erfolg. Aber wir orientieren uns nicht an dem, was wir bereits erreicht haben, sondern an dem, was wir noch alles zu tun haben.“
Aus dem Englischen von Barbara Erbe.
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