Aktiv gegen Gewalt

Zum Thema
Deodatus Mfugale
Die Aktivistin Lusako Mwakiluma will, dass die Regierung Frauen und Mädchen, die Gewalttaten anzeigen, besser vor Repressalien schützt.
Was tut sich in ... Tansania?
Lange Zeit haben Polizei und Behörden in Tansania darüber hinweggesehen, dass Frauen immer wieder Opfer von Gewalt werden. Einige besonders brutale Angriffe verändern nun langsam das Verhalten der staatlichen Institutionen und die öffentliche Haltung.

Eine Schwangere wird in Daressalam vor den Augen ihres fünfjährigen Sohnes von einem Unbekannten vergewaltigt. Ein Mann sticht in Arusha seiner Ehefrau mit einem Schraubenzieher ein Auge aus, weil sie angeblich mit einem anderen geflirtet hat. Ein anderer greift seine Frau in der Region Mtwara im Süden des Landes mit einer Machete an, ebenfalls unter dem willkürlichen Vorwurf, sie habe mit einem jungen Mann geflirtet. Solche Fälle häufen sich in den vergangenen Monaten und Jahren, wie auch der Weltbankbericht zur Einschätzung des Geschlechterverhältnisses in Tansania feststellt. Die meisten Menschen in Tansania sind entsetzt, wenn sie so etwas hören, und in einigen Fällen sind vermeintliche Vergewaltiger von wütenden Mobs getötet worden. Vor Gericht kommen die Taten dennoch selten – und wenn, so werden sie oft ohne Verhandlung mit einem Handel „geschlichtet“. 

Die Frauenaktivistin Lusako Mwakiluma aus der Stadt Morogoro berichtet, dass vor allem Familienbande und archaische Traditionen verhindern, dass gewalttätige Männer strafrechtlich verfolgt werden. „Vor allem auf dem Land trauen sich Frauen, die Opfer von Gewalt werden, schlichtweg nicht, die Täter zu bezichtigen, weil Familie und Gesellschaft von ihnen verlangen, duldsam zu sein und die Gewalt zu ertragen.“ Meist kommen die Täter aus der eigenen Familie, so dass Frauen, die Gewaltakte öffentlich machen, als Nestbeschmutzerinnen gelten. Täter, die von „außen“ kämen, würden eher angezeigt und vor Gericht gestellt. Im städtischen Raum wiederum müssten betroffene Frauen zwar weniger befürchten, von ihrer Gemeinschaft ausgestoßen zu werden. Aber sie und ihre Familien seien oft gewalttätigen Racheakten der Täter ausgesetzt. 

Autor

Deodatus Mfugale

ist freier Journalist in Tansania.

Entsprechend müssten Städte und Gemeinden stärker darauf drängen, dass häusliche Gewalt ernsthaft verfolgt wird, betont Mwakiluma. Oft würden Täter nicht belangt, weil sie einen hohen Sozialstatus genießen oder örtliche Beamte bestechen. 

Anlaufstellen für Frauen und Mädchen

Die Regierung hat jetzt in rund 500 Polizeirevieren und in einigen Schulen des Landes sogenannte „Gender Desks“ als Anlaufstellen für Frauen und Mädchen eingerichtet. Dorthin sollen sie sich wenden können, wenn ihnen Gewalt angetan wurde oder wenn sie befürchten, dass dies geschieht. 

Das ist ein guter Anfang, meint Mwakiluma. „Aber die Regierung muss darüber hinaus in den Gemeinden für Gleichberechtigung sorgen und den Jungen und Männern klarmachen, welche Strafen auf Gewalt gegen Frauen stehen. Und sie müssen die Frauen und Mädchen, die Gewalttaten anzeigen, vor Repressalien schützen.“ Zudem scheuten manche Opfer das offizielle Umfeld der Gender Desks. Für sie brauche es weniger formelle Angebote, um über ihre Gewalterfahrungen zu sprechen. Im ländlichen Raum gebe es ohnehin nicht genügend örtliche Anlaufstellen. Ein Hoffnungsschimmer sei die nichtstaatliche Organisation Wezehsha Mabadiliko (WEMA), die vor allem in ländlichen Regionen Frauen über ihre Rechte aufklärt und sie motiviert, aus ihrer Abhängigkeit auszubrechen, indem sie von ihrem Recht Gebrauch machen, Land und Vieh zu erwerben und eigenes Geld zu verdienen.

Aus dem Englischen von Barbara Erbe. 

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erschienen in Ausgabe 1 / 2024: Krieg ohne Ende?
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