Mehr Rassismus gegen Schwarze Menschen

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Ein wachsender Anteil von Menschen mit afrikanischer Abstammung in Österreich gibt an, sie seien in den letzten fünf Jahren von Rassismus betroffen gewesen: eine "Black Lives Matter"-Kundgebung am Karlsplatz in Wien am Samstag, 5. Juni 2021.
Österreich
Stärker als in anderen Ländern wächst in Österreich die Zahl Schwarzer Menschen, die sich aufgrund ihrer Hautfarbe benachteiligt fühlen. Auch beim sogenannten Racial Profiling liegt Österreich vorne. Nun nimmt eine neue Beschwerdestelle ihre Arbeit auf.

Ein wachsender Anteil von Menschen mit afrikanischer Abstammung gibt an, sie seien in den letzten fünf Jahren von Rassismus betroffen gewesen. Laut einer im Herbst 2023 veröffentlichten repräsentativen Umfrage der EU-Grundrechteagentur (FRA) sagen das in Österreich 76 Prozent der Befragten, im Durchschnitt der 13 untersuchten EU-Länder sind es 45 Prozent. Bei der vorigen Erhebung 2016 waren es in Österreich noch 51 Prozent, im EU-Schnitt 39 Prozent gewesen. 

In keinem anderen der untersuchten Länder fühlen sich Schwarze Menschen so stark bei der Arbeitssuche diskriminiert wie in Österreich. Viele geben an, auch in den Bereichen Wohnen und Bildung seien sie möglicherweise aufgrund ihrer Hautfarbe benachteiligt worden. „Rassismus wird sichtbarer und gemeldet“, sagt dazu Camila Schmid, Antirassismus-Referentin von D!srupt, einem Verein zur rassismuskritischen Bildungsarbeit. 

Häufige Ausweiskontrollen

An der Spitze liegt Österreich in der Untersuchung der EU-Grundrechteagentur auch bei möglicher Diskriminierung durch die Polizei. Rund die Hälfte der befragten Männer und ein Viertel der befragten Frauen gaben an, in den fünf Jahren vor der Umfrage von der Polizei zu einer Ausweiskontrolle angehalten worden zu sein. Dabei ist das laut Gesetz nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, wenn etwa die Annahme besteht, die Person stehe „im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff“ oder einer anderen Straftat.

Die Bundesregierung aus ÖVP und den Grünen hat bereits vor drei Jahren in ihrem Regierungsprogramm angekündigt, sie wolle eine Ermittlungs- und Beschwerdestelle für Fälle von Polizeigewalt schaffen. Nun nimmt am 22. Januar eine im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention angesiedelte Stelle ihre Arbeit auf, die Misshandlungsvorwürfe gegen die Polizei aufklären soll. Die Stelle hat jedoch schon für Kritik gesorgt, weil das Bundesamt zum Innenministerium gehört. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Österreich vermutet, dass die Ermittler dort nicht unabhängig arbeiten können. Gegen das sogenannte Racial Profiling, also etwa Ausweiskontrollen auf Grundlage der Hautfarbe, wird sie zudem wenig ausrichten: Ihre Zuständigkeit beschränkt sich auf vorsätzliche und anlasslose Gewalt von Polizisten.

Volksbegehren kam nicht zustande

Diskriminierung müsse konsequent geahndet werden, die Politik müsse sich stärker mit dem Thema befassen, sagt Camila Schmid von D!srupt. Von der Zivilgesellschaft kommen dazu immer wieder Anstöße. 2020 etwa startete die Initiative Black Voices ein Volksbegehren und forderte darin unter anderem Antirassismusbeauftragte für jede staatliche Institution, die Umbenennung von rassistischen Straßennamen wie der Mohrengasse in Wien und mehr Diversität in der medizinischen Forschung, Lehre und Praxis, um ein breiteres Wissen über den menschlichen Körper jeder Hautfarbe zu schaffen und etwa Fehlbehandlungen vorzubeugen. Das Volksbegehren verpasste ganz knapp die erforderliche Schwelle von 100.000 Unterschriften, sonst hätte es von den Parteien im Nationalrat behandelt werden müssen.

Die gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung mit Rassismus sei auch in Hinblick auf die Nationalratswahlen kommenden Herbst erforderlich, sagt Camila Schmid. Derzeit führt in Umfragen die rechte FPÖ, die nicht für antirassistische Arbeit bekannt ist – im Gegenteil: Der EU-Abgeordnete der FPÖ, Harald Vilimsky, hat aus Anlass der Umfrage kritisiert, dass die Grundrechteagentur Österreich Rassismus unterstelle, und ihre Auflösung gefordert.

Schmid sieht großen Bedarf an Bildungsangeboten sowohl für Kinder als auch für Erwachsene. So müssten Lehrpläne überarbeitet werden, um sich mit Themen wie Kolonialismus und anhaltende kolonialistische Machtstrukturen auseinanderzusetzen, fordert sie. Über die sozialen Medien seien Informationen rund um das Thema Antirassismus zugänglicher, daher habe die jüngere Generation oft ein größeres Bewusstsein dafür. Mehr Bildungsarbeit und Studien wie die der EU-Grundrechteagentur seien trotzdem unerlässlich.

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