Anpassung an den Klimawandel ist unterfinanziert

Giles Clarke/UNOCHA via Getty Images
Auch Somalia ist am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen, bekommt aber nur einen geringen Anteil der internationalen Klimafinanzierung. Hier ist ein Viehhirte mit seiner letzten verbliebenen Herde am 17. Oktober 2022 in der Region Doolow in Somalia zu sehen. Durch die Dürre finden die Tiere nichts mehr zu fressen und sind dementsprechend abgemagert.
Berlin
Ausgerechnet die Staaten, die am stärksten anfällig für Klimaschäden sind, erhalten am wenigsten Geld, um sich vor Folgen des Klimawandels zu schützen. Auf diese Schieflage hat kurz vor Beginn der Weltklimakonferenz in Dubai (COP28) das Hilfswerk Brot für die Welt hingewiesen.

Der Bericht einschließlich Länderranking geht der Frage nach, wie der klimapolitische Vorsatz, besonders verletzliche Länder zu unterstützen, verwirklicht wird. „Das Ergebnis ist alarmierend“, sagte die Klimaexpertin von Brot für die Welt, Sabine Minninger, bei der Vorstellung. „Es droht eine dauerhafte Lücke bei Finanzierung und Resilienz.“

Für 129 Länder wurde für die Jahre 2014-2020 ermittelt, ob ihr Anteil an der Finanzierung ihrem jeweiligen länderspezifischen Gefährdungspotenzial entspricht. Demnach erhielt weniger als ein Viertel der Länder einen ihrem Risiko angemessenen Anteil an der internationalen Klimafinanzierung, darunter Brasilien, Barbados und die Malediven. Die 14 Staaten mit dem höchsten Klimarisiko seien zugleich die 14 am stärksten unterfinanzierten – mit Afghanistan an der Spitze, gefolgt von Südsudan, Niger, Sudan, Jemen, Uganda, Somalia, Mali, Irak, Äthiopien, Syrien, Mauretanien und Mosambik. Drei von vier der am wenigsten entwickelten Länder finden sich laut dem Index in der niedrigsten oder zweitniedrigsten Zuwendungsstufe.

Um das Klimarisiko eines Landes zu ermitteln, betrachtet der Index die Anfälligkeit für extreme Wetterereignisse sowie die Kapazitäten zur Bewältigung der Folgen solcher Ereignisse, etwa von Fluten oder Erdrutschen. Langfristige Folgen wie die Wüstenbildung werden nicht berücksichtigt. Als Datengrundlage nutzt Brot für die Welt den INFORM Risk Index der Europäischen Union. Die Analyse der Zahlungen zum Schutz vor Klimafolgen beruht auf Daten der OECD. 

"Verteilungsgerechtigkeit muss verbessert werden"

Ländern mit hohen Klimarisiken, die zugleich fragil und von Konflikt betroffen seien, gelte besondere Sorge, betont der Index. Sie hätten kaum Zugang zu Anpassungsgeldern, weil es an Regeln für die Transaktion oder die Verwendung fehle. Hier sei Entwicklungsarbeit in hohem Maß gefordert, Lösungen zu finden, etwa über verlässliche Partnerschaften zwischen nichtstaatlichen Hilfsorganisationen. Je weniger Anpassung vorbeugend geleistet werde, desto höher sei das Risiko von Flucht und Vertreibung als Folgen des Klimawandels. 

Die Politik müsse die Verteilungsgerechtigkeit beim Zugang zur Finanzierung von Klimaanpassung zügig verbessern, fordert Brot für die Welt. So will der Index auch Orientierung für die Einrichtung des Unterstützungsfonds für Verluste und Schäden auf der COP28 geben. Der Index könne dazu beitragen, „die Debatte zu entpolitisieren“, sagt Minninger. Denn er richte das Augenmerk darauf, dass die höchste Priorität die Unterstützung der verletzlichsten Länder haben sollte. Es ist hoch umstritten, wer als erster von den begrenzten Mitteln aus dem Topf schöpfen soll. Bedrohte Inselstaaten wie auch Afrika wollen besonders in den Blick genommen werden. 

Anpassungsindex soll Transparenz und Vertrauen schaffen

Brot für die Welt sieht den Anpassungsindex zugleich als Instrument, die deutschen Mittel für Klimaanpassung zu analysieren. Das erhöhe die Transparenz und schaffe Vertrauen bei den am stärksten betroffenen Staaten, heißt es. Der Zugang von Ländern mit dem höchsten Klimarisiko sollte schnell verbessert werden. Deutschland könnte zudem künftige Klimapartnerschaften, wie es sie etwa mit Peru gibt, vorrangig für Hochrisikoländer aushandeln. 2024 wolle das Entwicklungsministerium (BMZ) im Sinne größerer Verteilungsgerechtigkeit etwa drei Milliarden Euro für Anpassungshilfen in den ärmsten Ländern bereitstellen, heißt es aus dem Hilfswerk – vorausgesetzt der Etat des Ministeriums werde nicht weiter gekürzt. 

Denn derzeit ist unklar, was das aktuelle Chaos um den Bundeshaushalt infolge des Verfassungsgerichtsurteils für die internationale Klimafinanzierung bedeutet. Die für Ende November geplante Verabschiedung des Haushalts 2024 wurde verschoben; im darin reduzierten BMZ-Etat seien Zusagen für Klimahilfen leicht im Sinken, monieren Experten. Für das Jahr 2022 hat die Bundesregierung ihren Beitrag zu den im globalen Grünen Klimafonds zugesagten 100 Milliarden US-Dollar jährlich mit rund 6,39 Milliarden Euro angegeben. Für 2024 hat sie Anfang Oktober in einer Bundestagsdrucksache „einen gesicherten Beitrag“ von 5,3 Milliarden Euro prognostiziert. 

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