Putins Gold in Zürich, Genf und Bern?

REUTERS/Denis Balibouse
100 Gramm Gold in einer Auslage in einem Geschäft in Zürich. Sicher, dass es nicht aus Russland kommt?
Schweiz
Importe von russischem Gold zeigen, wie wichtig Transparenz im Goldhandel ist. Und wo bis heute die Schwachstellen liegen.

Im Februar 2023 haben die Goldimporte aus Russland in die Schweiz mit 18,9 Tonnen einen Höchststand erreicht. Bereits im vergangenen Jahr sind insgesamt 24 Tonnen russisches Gold in die Schweiz gelangt – bei einer Gesamtmenge von rund 2300 Tonnen importiertem Gold pro Jahr. Dies geschah, obwohl die Schweiz den Goldhandel mit Russland seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sanktioniert: Goldexporte nach Russland sind verboten, ebenso wie Importe von Gold, das nach dem 4. August 2022 aus Russland ausgeführt wurde.

Bei den Goldimporten, die trotzdem in der Zollstatistik auftauchten, wurden keine Sanktionen verletzt, schreibt das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) in einer Mitteilung. Das Gold sei über Großbritannien in die Schweiz gekommen. Vermutlich war es dort schon, bevor die Sanktionen verhängt wurden, vermutet Christoph Wiedmer von der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), die seit Jahren zu Gold recherchiert, das illegal und unter menschenrechtsverachtenden Bedingungen produziert wurde. „Aber wir wissen nicht, wie gut das belegt ist“, sagt Wiedmer. „Wir müssen dem BAZG das einfach glauben.“

Das zeigt, dass der Kampf der Schweiz gegen Gold aus dubiosen Quellen, bei dessen Abbau Menschenrechte verletzt werden oder die Umwelt verschmutzt wird, noch immer bestenfalls halbherzig ist. Rechtlich sind weder die Raffinerien noch der Zoll verpflichtet anzugeben, von welchen Lieferanten in die Schweiz eingeführtes Gold stammt. Woher genau das Gold aus Russland stammt, wann es nach Großbritannien gekommen ist, wer der Zwischenhändler dort war und wer in der Schweiz der Abnehmer ist – all das ist nicht bekannt. Genau das sei das Kernproblem bei der Bekämpfung von schmutzigem Goldin der Schweiz, so Wiedmer. „Erst wenn die Raffinerien oder der Zoll angeben müssen, wer mit wem handelt, ist ein echter Anreiz da, auf Gold aus dreckigen Quellen zu verzichten.“

Fragwürdiges Gold aus Peru

Das habe etwa der Fall der Neuenburger Raffinerie Metalor gezeigt, die über Jahre hinweg Gold des peruanischen Lieferanten Minerales del Sur bezog. 2018 beschlagnahmten die peruanischen Behörden eine Goldlieferung an Metalor, wegen Verdachts auf Geldwäscherei und illegalen Goldabbau beim peruanischen Lieferanten. Die GfbV und die SRF-Sendung Rundschau berichteten über den Fall, worauf sich Metalor zwischenzeitlich aus dem kleinbergbaulichen Goldgeschäft in Peru zurückzog. Doch das war nur möglich, weil die peruanischen Behörden Angaben über Lieferanten in Peru sowie deren Abnehmer in der Schweiz öffentlich gemacht hatten. Das zeige, wie wichtig Transparenz sei, so Wiedmer. 

Seit 2021 müssen Importeure angeben, ob es sich um Minengold, Bankengold oder recyceltes Gold handelt. Doch die Unterscheidung bringe kaum etwas, sondern schaffe nur eine „Pseudo-Transparenz“, sagt Wiedmer. Denn unabhängig von diesen Kategorien könne Gold trotzdem aus fragwürdigen Quellen stammen.

Im Sudan kontrolliert ein Milizenführer Goldminen

Wie wichtig es ist, dass Importeure ihre Lieferanten nennen, zeigt auch der aktuelle Konflikt im Sudan zwischen der Armee und der Miliz der Rapid Support Forces (RSF). Der Anführer der RSF, Mohamed Hamdan Daglo, genannt Hemeti, soll große Teile des Goldhandels im Sudan kontrollieren. Zudem gibt es Hinweise, dass die russische Söldner-Truppe Wagner im Sudan Goldminen betreibt und das Gold via Dubai aus dem Sudan bringt. In einem Land wie dem Sudan müsse man davon ausgehen, dass Gold aus schmutzigen Quellen stammt, sagt Wiedmer: „Im Sudan gibt es keine zertifizierten Minen. Wenn man Gold von hier importiert, ist das Risiko groß, dass dreckiges Gold dabei ist.“ Vermutlich deshalb wird generell kein Gold direkt aus dem Sudan in die Schweiz importiert. Doch es sei wahrscheinlich, dass über die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) oder eben Russland Gold aus dem Sudan ins Land gelange. 

Das gilt auch für sanktioniertes russisches Gold. Dubai ist bekannt als Drehscheibe für schmutziges Gold aus der ganzen Welt. Im März 2022, kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine seien die Importe aus den Vereinigten Arabischen Emiraten plötzlich in die Höhe geschnellt, meldete Swissaid damals in einer Mitteilung. 36 Tonnen Gold seien in diesem einen Monat aus den VAE in die Schweiz gekommen – mehr als im Monatsmittel der sechs Jahre zuvor. Die „Financial Times“ hat seinerzeit zudem über die Tochterfirma eines Schweizer Unternehmens berichtet, das in den VAE mit russischem Gold gehandelt hat.

 

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"Bei den Goldimporten, die trotzdem in der Zollstatistik auftauchten, wurden keine Sanktionen verletzt...": Diese Mitteilung vom BAZH ist vom Juni 2022. Im August 2022 hat aber die Schweiz den Import von Gold aus Russland verboten.

Danke für Ihren Hinweis! Sie haben Recht: Tatsächlich wurden die Goldimporte aus Russland im August 2022 verboten. Wir haben das im Text entsprechend angepasst. Allerdings ist es nach Angaben des BAZH dennoch so, dass die Goldimporte im Februar 2023 keine Sanktionen verletzen – weil sie vor dem Stichtag 4. August 2022 aus Russland ausgeführt worden seien.

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