Dürre Antworten

Nur ein Jahr nach der Unabhängigkeit steht der Südsudan vor dem Zusammenbruch. Die Bundesregierung betont, sie tue, was sie könne, um das zu verhindern. Die Opposition hingegen hält das Engagement für nicht ausreichend.

Der Vorfall war auch deutschen Zeitungen eine Meldung wert: Per Brief hat der Präsident des Südsudans, General Salva Kiir Mayardit, unlängst versucht, von Ministern und Staatsbediensteten gestohlene Gelder einzutreiben, immerhin vier Milliarden Dollar. Dringlich sei die Sache vor allem deshalb, weil der neue Staat wegen Streitigkeiten mit dem Nordsudan seine Ölförderung eingestellt habe und kurz vor dem Konkurs stehe, begründete Salva Kiir seinen Schritt. Und er mahnte: Die internationale Gemeinschaft werde nicht weiter helfen, solange die grassierende Korruption nicht eingedämmt sei.

Der Appell erging wenige Tage vor dem 9. Juli, dem ersten Jahrestag der Unabhängigkeit Südsudans vom Norden und von Khartum. Dass nicht alles zum Besten steht, war schon klar, als Entwicklungsminister Dirk Niebel im April 2011 beide Staaten besuchte und sich im Südsudan mit den Menschen über die bevorstehende Unabhängigkeit freute.

Deutschland habe sich seither sehr dafür eingesetzt, die Lebensverhältnisse im Südsudan zu verbessern, lobte er die Arbeit seines Ministeriums unlängst, vor allem bei der Wasserversorgung, bei Verwaltungsreformen und in der Landwirtschaft. Aber er warnte auch: „Die Erfolge dürfen nicht durch militärische Eskalation gefährdet werden.“ Doch genau das ist nun eingetreten: Konflikte mit dem Nordsudan um den Grenzverlauf, um Ölfelder und Durchleitungskosten sowie gewaltsame Auseinandersetzungen im Südsudan selber drohen alles zunichte zu machen. Südsudan steht vor dem Kollaps.

Autor

Johannes Schradi

war bis Frühjahr 2013 Berlin-Korrespondent von „welt-sichten“.

Reicht aus, was die Bundesregierung und das Entwicklungsministerium tun? „Die Bundesregierung weicht konkreten Fragen zu Defiziten und Versäumnissen ihrer bisherigen Sudanpolitik aus“, sagt Niema Movassat, Entwicklungspolitiker der Linkspartei. Tatsächlich fallen die Antworten der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksopposition zwar lang, aber gerade zu diesem Punkt inhaltlich eher dürr aus (BT-Drucksache 17/10053). Man sei „sehr besorgt“, heißt es dort etwa. Man wirke gemeinsam mit der Europäischen Union, den UN, der Afrikanischen Union und den USA auf beide Konfliktparteien ein.

Dazu zähle auch das Waffenembargo der EU. Zudem beteilige Deutschland sich an der Friedensmission UNMISS mit bis zu 50 Soldaten (zurzeit 13 Leitungsoffiziere) und leiste „einen sichtbaren Beitrag zu einer dauerhaften Befriedung Südsudans“. Dass auch ein Schuldenerlass für Nordsudan konfliktmindernd wirken würde, billigt die Regierung der Opposition zu, doch lägen hierfür die Voraussetzungen „mangels Einigung der beiden Staaten über die Aufteilung der Erdöleinnahmen“ derzeit nicht vor.

„Aktive Entwicklungszusammenarbeit“, resümiert die Linkspartei, betreibe die Bundesregierung gegenwärtig nur mit Südsudan; in der Republik Sudan beschränke man sich auf wenige kleine Projekte und humanitäre Hilfe. Freilich ignoriert die Linke, dass das auch damit zu hat, dass der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl gegen Sudans Präsident Omar al-Bashir verhängt hat.

Die Linke moniert außerdem, dass die Ernährungshilfe für die vielen Flüchtlinge und Rückkehrer aus dem Nordsudan und die Binnenvertriebenen im Süden bei weitem nicht ausreiche. Und während die Bundesregierung weiter auf das GIZ-Programm zur Stärkung der Polizei im Südsudan und auf die Demobilisierung und die Reintegration von Exkombattanten des langjährigen Bürgerkriegs setzen, plädiert die Linkspartei für mehr zivile Konfliktbearbeitung in beiden Landesteilen, etwa durch den verstärkten Einsatz des Zivilen Friedensdienstes. Eine Idee, die in der akuten Konfliktlage freilich auch eher hilflos wirkt.

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erschienen in Ausgabe 8 / 2012: Auf der Flucht
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