Das wird nicht direkt vom Finanzminister beeinflusst, sondern von Fachpolitikern und Haushältern der Fraktionen, die über die Mittelverteilung innerhalb der Ressorts entscheiden. Für uns Freidemokraten ist die Kooperation mit der Wirtschaft extrem wichtig, und wir führen mit SPD und Grünen konstruktive Gespräche, sie wieder auszuweiten. Wir müssen die Förderung aber sorgfältig diskutieren, da der Bundesrechnungshof berechtigte Kritik an der Ausgestaltung geäußert hat.
Was muss korrigiert werden?
Wenn staatliches Geld mit unternehmerischem Geld verknüpft wird, müssen politische Vorgaben umgesetzt werden. Es geht im Wesentlichen darum, einen staatlichen Auftrag und politische Ziele zu erfüllen, welche die Privatwirtschaft unterstützen soll. Das Ziel ist nicht, deren Arbeit zu erleichtern. Im Idealfall entsteht eine Win-Win-Situation, gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit sind gemeinsame Ziele, aber das muss sehr gut ausgestaltet sein.
Im SPD-geführten Entwicklungsministerium entsteht eine neue Afrika-Strategie, die mutmaßlich den Marshallplan für Afrika ersetzen soll. Auch der schreibt die Rolle der Wirtschaft groß. Fürchten Sie, dass das einkassiert wird?
Mit dem Marshallplan waren auch wir nicht wahnsinnig glücklich. Es war ein strategischer Fehler der Großen Koalition, mehrere Afrika-Strategien parallel laufen zu lassen. Wenn das jetzt in eine einheitliche Form gebracht wird, ist das absolut richtig. Dass wirtschaftliche Belange nach unserer Vorstellung unter die Räder kommen, befürchte ich nicht. Auch hier gab es außerordentlich konstruktive Gespräche. Der wirtschaftliche Aufbau Afrikas wird weiter eine wichtige Rolle spielen – nur die Umsetzung war bisher zerfleddert. Es gab keine Afrika-Politik aus einem Guss. Entwicklungsminister Gerd Müller ist durch die Länder zu bilateralen Gesprächen gereist und hat danach Geld verteilt.
Sie haben im Bundestag gesagt, Entwicklungspolitik müsse auch Energieaußenpolitik sein – auch zugunsten von Deutschland. Worauf wollen Sie hinaus?
Es geht nicht um einen Nutzen für Deutschland. Es geht im Klimawandel um den humanitär politischen Auftrag, der über nationalen Zielen steht, für den Planeten Strukturen für eine nachhaltige Energieversorgung zu schaffen. Der Abschied von fossilen Quellen ist eine globale Aufgabe, die wir nur gemeinsam bewältigen können. Da spielt Entwicklungspolitik eine zentrale Rolle. Die Welt wird bis 2045/2050 sehr unangenehm werden, wenn es uns nicht gelingt, die Produktion erneuerbarer Energien zu steigern, die weltweit verschoben werden können.
Sie meinen: auf Tankern für Flüssiggas?
Selbst wenn wir unseren Importbedarf von Primärenergie auf 50 Prozent senken könnten, bleiben enorme Mengen, die – statt aus OPEC-Ländern und Russland – aus jedem Land kommen können, in dem es viel Sonnenstrahlung auf weiträumigen Wüsten- und Steppengebieten gibt. Die Technologien zur Umwandlung in grünen Wasserstoff werden entwickelt. Aber wir brauchen Partner, und wir müssen jetzt mit allen Ländern sprechen, die infrage kommen. Das sind unglaublich viele. Wir wollen mit ihnen Energiestrategien aufbauen, die diese Länder favorisieren und zugleich für uns Möglichkeiten schaffen. Wir dürfen die globale Energiewende nicht durch Energienationalismus und falsche Autarkiebestrebungen zersplittern.
Was ist die Rolle der Entwicklungspolitik?
Der Staat wird nicht die Energiefabriken bauen. Aber Entwicklungspolitik muss das flankieren. Sie muss dafür sorgen, dass diese Maschinenparks in einem rechtsstaatlichen Umfeld laufen, in örtlichen Strukturen, die Menschen und indigene Gemeinschaften respektieren, wo Arbeitsplätze entstehen und Siedlungen wachsen, die Schulen brauchen, Wasserversorgung und Abwassersysteme. Es wird große Projekte geben, und wir müssen mit sozialen und ökologischen Leitplanken Fehler der Vergangenheit vermeiden. So kann der Westen auch eine Antwort auf die Ambitionen Chinas und Russlands geben.
Zur Welternährungskrise: Teilen Sie die Sorge, dass der Migrationsdruck aus dem Süden deswegen zunehmen wird?
Ja, natürlich. Alle Krisensituationen erhöhen den Migrationsdruck. Aber wir müssen uns hüten vor einfachen Antworten, die nicht stimmen. Migrationsbewegungen lassen sich nicht einfach unterdrücken. Ziel muss sein, mit besserer Aufklärung Migration besser zu lenken, so dass sich vor allem jene Leute auf den Weg machen, die auch Chancen auf Erfolg haben. Migration kann zum beiderseitigen Vorteil sein. Aber am schlechtesten wird es, wenn Leute mit hohem Potenzial auf der Basis falscher Informationen irgendwo hingehen, wo sie ihre Fähigkeiten schlechter ausspielen können als in ihrer Heimat.
Der Entwicklungsausschuss des Bundestags hat jüngst den Bericht der Fachkommission Fluchtursachen beraten, der am Ende der Großen Koalition fertig wurde. Welche Handlungsaufträge leitet die Ampel jetzt daraus ab?
Der Bericht ist sehr gut und enthält viele klare Erkenntnisse, etwa dass wir in unserer Zusammenarbeit stärker auf Rechtsstaatlichkeit achten müssen oder auf die Resilienz gegen Klimawandel. Der Aufbau von Arbeitsplätzen und Perspektiven kann die Migration auch günstig verändern. Es kann wünschenswert sein, dass Menschen zeitweise in anderen Ländern und dann wieder zu Hause arbeiten. Es wäre richtig zu überlegen, welche Folgen man aus dem Bericht zieht und gegebenenfalls Nachfolgeuntersuchungen anstellt.
Zum Schluss noch die Frage nach Ihren persönlichen Schwerpunkten?
In der letzten Legislaturperiode war ich Mitglied der Südkaukasus-Gruppe und als Entwicklungspolitiker für Lateinamerika und Zentralasien zuständig. Als Sprecher habe ich mich der Ländergruppe Westafrika angeschlossen. Ansonsten bekommt die globale Energiepolitik zu wenig Aufmerksamkeit. Die sicherlich zunehmenden Energiepartnerschaften müssen im Fokus sein. Länder können in globalen Wertschöpfungsketten besser beteiligt werden, zum Nutzen beider Seiten. Da die Sonne im globalen Süden überall scheint und an vielen Orten viel Wind weht, kann das auch zu weniger oligarchischen Wettbewerbsstrukturen führen als in der Energieversorgung mit fossilen Rohstoffen.
Das Gespräch führte Marina Zapf.
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