Gemeinsam handeln sie besser

Gloria Laker Aciro Adiiki
Frauen der Kooperative in Elegu mit Fisch, den sie aus dem Südsudan eingeführt haben.
Uganda
In Uganda übernehmen mehr und mehr Frauengruppen den grenzüberschreitenden Handel, der bisher von Männern dominiert war. Ihr Erfolg beruht auf dem starken Zusammenhalt von Kooperativen.

Elegu ist ein Grenzübergang zwischen Uganda und dem Südsudan. Nahe der belebten Zolleinfuhrstelle hat die Frauenkooperative für grenzüberschreitenden Handel ihren Sitz. Margaret Auma ist der Kopf dieser Vereinigung. Alles hat angefangen, als Auma 2016 klar wurde, dass Frauen gemeinsam stärker sind. Schon bald hatte sie ein paar Händlerinnen, die auf informellem Weg landwirtschaftliche Produkte in Uganda und im benachbarten Südsudan verkauften, für die Idee gewonnen, sich zu organisieren.

„Gemeinsam gründeten wir 2016 die Elegu Women Cross Border Traders Cooperative Society“, die Frauenkooperative für grenzüberschreitenden Handel in Elegu, erzählt Auma. Seitdem ist die Gruppe von ursprünglich 48 auf heute insgesamt 711 Mitglieder gewachsen. „2019 haben wir uns beim Ministerium für Handel und Genossenschaftswesen eintragen lassen“, erklärt Margaret Auma. 

In einer solchen Genossenschaft zu arbeiten, hat für die Frauen zwei Vorteile: Zunächst bietet die Eintragung bei der ugandischen Regierung ihnen die Möglichkeit, in den Genuss von Regierungsprogrammen wie dem Agricultural Cluster Development (ACD) unter Federführung des Ministeriums für Landwirtschaft, Tierindustrie und Fischerei zu kommen. Dieses Programm umfasst laut Auma Unterstützung mit Bargeld, aber auch beim Bau von einem Verkaufsladen, Maschinensaal, Trocknungsplatz oder einer Toilette sowie die Bereitstellung einer Reisverarbeitungsmaschine.

Umgang mit Zollbeamten ist nun leichter

Außerdem merken die Händlerinnen, dass sie, wenn sie mit einer gemeinsamen Stimme sprechen, viel leichter die Grenze mit formellen Handelswaren überqueren können, weil sie von der ugandischen Regierung registriert und anerkannt sind. Auch der Transport ist einfacher, da sie ihr Geld zusammenlegen und gemeinsam den Lastwagen mieten, mit dem sie ihre Produkte befördern. Die Kooperative hat sogar die Dokumentation ihrer Exporte mit den Zollbeamten an der Grenze erleichtert, die nun nur einmal für alle als Gruppe und nicht einzeln gemacht wird. 

Der Zusammenschluss zu Kooperativen ist eine recht neue Entwicklung, und die ugandischen Frauen sind die ersten, die solche regionalen und lokalen Genossenschaften gründen. Wie schon aus dem Namen von Aumas Gruppe hervorgeht, steht sie ausschließlich Frauen offen, von denen, so fügt Margaret Auma hinzu, 80 Prozent im Handel tätig sind.

Geschlossene und starke Vereinigung von Händlerinnen

Autorin

Gloria Laker Aciro Adiiki

ist ugandische Journalistin und auf Frieden, Entwicklung, Umwelt und humanitäre Themen konzentriert. Sie lebt in Kampala.
An jedem Grenzübergang zwischen Uganda und angrenzenden Ländern wurden inzwischen ähnliche Kooperativen ins Leben gerufen. Noch nie zuvor in der Geschichte des ugandischen Handelssektors gab es eine so geschlossene und starke Vereinigung von Händlerinnen. Zwar arbeitet jede Genossenschaft für sich, aber die Händlerinnen haben eine gemeinsame Strategie entwickelt und sich Möglichkeiten im wachsenden regionalen Markt erschlossen, die es ihnen erleichtern, ihr Geschäft weiter auszubauen.

Da die Genossenschaften im offiziellen Grenzhandel tätig sind, haben sich ihnen auch viele Frauen angeschlossen, die zuvor auf gefährlichen „Panya“-Routen oder Abkürzungen unterwegs waren, um ihre Produkte über die Grenzen zu schmuggeln. Ein Teil der Händlerinnen und Händler nimmt solche Routen, um Zölle oder andere rechtliche Anforderungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr zu umgehen. Doch laut Margaret Auma bergen die „Panya“-Routen ein hohes Risiko, sowohl in Form von Gewalt als auch Kapitalverlust. Die Frauen müssen nämlich Einheimische bestechen, damit sie ihnen helfen, mit ihren Waren über die Grenze zu gelangen; und manchmal werden sie auf diesen Routen von bewaffneten Gruppen überfallen. Wer es nach Nimule oder Juba im Südsudan schafft, erzielt durchaus gute Gewinne, ist unterwegs aber vielen Gefahren ausgesetzt. Deshalb versucht Auma Frauen davon abzubringen, den kurzen Weg zu verwenden oder Zollgebühren zu umgehen.

Nur wenige Frauen gehen noch das Risiko ein zu schmuggeln

„Wir propagieren offiziellen Handel über die eingetragene Genossenschaft, der auch sicherer ist“, erklärt Auma. Inzwischen seien vermehrt Frauen in die Genossenschaft eingetreten, sagt sie. Nur ein paar gehen noch immer das Risiko ein, Waren zu schmuggeln. Das ganz abzustellen sei ein längerer Prozess, glaubt Auma. Doch sie ist überzeugt, dass der Genossenschaft mit ihrer Weiterentwicklung immer mehr Frauen beitreten werden.

Margaret Auma erklärt, wie der genossenschaftliche Handel funktioniert: Die Frauen kaufen bei einheimischen Bauern in Uganda zum Beispiel frische Lebensmittel und Getreide. Diese Produkte verkaufen sie dann im Ost-Kongo und im Südsudan. „Wir treiben sowohl als Gruppe wie auch einzeln Handel. Als Gruppe überqueren wir je nach Nachfrage ein, zwei oder drei Mal im Monat mit den entsprechenden Lebensmitteln die Grenze. Einzeln sind wir jeden Tag nach Nimule oder darüber hinaus unterwegs, je nachdem, wie die Produkte nachgefragt werden“, sagt Auma. 

Schulbesuch für Kinder möglich

Bei jeder Fahrt in den Südsudan können die Frauen zum Beispiel mit importiertem Fisch zurückkehren, eine Möglichkeit, die sie ohne die Genossenschaft nicht hätten. Diesen köstlichen Fisch findet man in großen Mengen im südsudanesischen Bor. Nachdem die Frauen ihre Produkte im Südsudan verkauft haben, bringen sie Fisch zurück. „Den können wir an den Grenzübergängen Arua und Mpondwe zur Demokratischen Republik Kongo verkaufen“, sagt Auma, „aber auch innerhalb von Uganda.“

Laut Auma haben die Frauen durch die Genossenschaft auch ihren Gewinn gesteigert: „Die Profite, die wir erzielen, teilen wir untereinander auf. Damit erhöhen wir unser Eigenkapital und vergrößern unseren Warenbestand. Kinder gehen zur Schule, weil wir ihre Gebühren bezahlen können. Wir bezahlen Krankenhausrechnungen und die Grundversorgung zu Hause. Manche bauen gerade feste Häuser oder haben das getan.“

Kapital ist um das Fünffache gestiegen

Früher betrug beispielsweise das Kapital einer Einzelperson 200.000 Ugandische Schilling (rund 50 Euro), inzwischen ist es auf eine Million Schilling gestiegen. „Darüber hinaus haben wir Erfahrung im Export- und Importgeschäft gesammelt und eine transparente Arbeitsbeziehung etwa zur Zollbehörde, der ugandischen Finanzbehörde und zu Zollbeamten aufgebaut. Die Genossenschaft unterhält auch freundschaftliche Beziehungen zu Händlerinnen sowohl in Uganda als auch im Südsudan und in der DR Kongo“, erklärt Auma.

Die Genossenschaftlerinnen in Elegu schreiben ihren schnellen Erfolg auch ihrem starken Zusammengehörigkeitsgefühl zu. Die Mitgliedsgebühr für Frauen beträgt pro Jahr 10.000 Ugandische Schilling (etwa 2,50 Euro), und der durchschnittliche Tagesverdienst einer Händlerin kann zwischen 10.000 und 100.000 Ugandische Schilling betragen. Als Gruppe sparen die Frauen Geld, so dass sie einander in der Not helfen können.

Bedrohungen von bewaffneten Gruppen

Doch der Grenzhandel bringt nicht nur Gewinne und ein besseres Auskommen, sondern heilt auch von dem Leiden und dem Trauma eines langen Krieges. Der Distrikt Amuru, in dem Elegu liegt, war eine der Brutstätten der brutalen Widerstandsarmee des Herrn (Lord‘s Resistance Army, LRA). Deren Mitglieder blockierten auch staatliche Sozialleistungen, was die Frauen hart traf. Inzwischen haben die Rebellen der LRA Uganda verlassen und operieren jetzt aus dem Dschungel im Ost-Kongo, weit weg von Routen, die die Händlerinnen damals nahmen. 

Allerdings werden die Frauen jetzt von anderen bewaffneten Gruppen im Südsudan bedroht. Diese lauern zuweilen Reisenden und Transportern auf und stehlen ihre Waren. Auch an den vielen Kontrollpunkten entlang der ugandischen und südsudanesischen Straßen mussten schon Menschen ihr Leben lassen, vor allem durch Überfälle von Bewaffneten, die Händlerinnen und Händler verletzen oder töten und die meisten ihrer Waren rauben. Die Frauen fordern mit Nachdruck, dass auf regionaler Ebene für mehr Sicherheit entlang dieser Straße gesorgt wird. Weitere Probleme sind, dass einige Frauen nur über mangelhafte Kenntnisse im Handelswesen verfügen und die hohen Transportkosten ihr Kapital auffressen. „Wir mieten Lastwagen, weil wir selbst noch keine haben“, sagt Auma. „Manchmal ist der Markt auch mit Fisch überschwemmt, der Preis dafür ist ständigen Schwankungen unterworfen.“

Einbußen durch die Corona-Pandemie

Auch die Corona-Pandemie hat sich schädlich auf den Erwerb der Frauen ausgewirkt, weil die Grenzschließungen den länderübergreifenden Warenverkehr lahmlegten. Während sie sich nun allmählich von den Folgen der Pandemie erholen, setzen sich die Frauen für den Wiederaufschwung ihres Geschäfts ein. Immerhin wurden entlang des Highways zwischen Nimule und Juba, wie Margaret Auma kürzlich berichtete, Konvois oder Begleitfahrzeuge eingeführt, um die Sicherheit von Händlerinnen und ihrer Waren zu gewährleisten. 

Der ugandische Präsident Yoweri Museveni Kaguta hat eine wichtige Rolle bei der Stärkung von Frauen in Wirtschaft, Bildung, Innovation und Politik gespielt. Dazu gehört zum Beispiel die Einführung der Primar- und Sekundarschule für alle. Auch wurden in seinem jüngsten Kabinett mehr Ministerposten mit Frauen besetzt. Und „wir wissen, dass diese Regierung Genossenschaften und andere organisierte Gruppen unterstützt“, sagt Auma. 

Die Händlerinnen planen, ihre Waren auch online anzubieten

Allerdings sind ihre Bemühungen, auf internationale Märkte vorzudringen, nach wie vor von Mangel an Finanz- und Sachkapital behindert, berichten die Frauen aus der Kooperative von Elegu. Weil sich aber die ostafrikanischen Handelsstrukturen weiterentwickeln, sehen die Frauen das Potenzial, zu wachsen und sich – sollten sie dauerhaft Zugang zu Finanzquellen erlangen – nach Europa, Großbritannien und Amerika auszurichten. Laut Auma hoffen sie, in naher Zukunft mit der Online-Vermarktung beginnen und ihre Ware über das Internet vertreiben zu können.

Was die Frauenkooperativen ebenfalls stark macht, ist, dass Frauen in Uganda generell geschlossener vorgehen als Männer. Zwar kommt es vor, dass Mitglieder mit dem Geld der Gruppe durchbrennen, aber so verbreitet wie bei männlich geführten Gruppen ist das nicht. Inzwischen schließen sich vereinzelt sogar Männer den Frauengruppen an, was auch akzeptiert wird. Durch Zusammenschlüsse wie die Frauenkooperative in Elegu stützen sich Frauen gegenseitig und gewährleisten die Schlagkraft ihrer Vereinigungen im Vergleich zu denen der Männer.

Aus dem Englischen von Juliane Gräbener-Müller. 
 

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erschienen in Ausgabe 7 / 2022: Das Zeug für den grünen Aufbruch
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