Investoren bremsen Staaten

Klimaschutz
Internationale Verträge zum Investitionsschutz erschweren den Ausstieg aus fossilen Energien stark, so eine neue Studie. Statt die Verträge zu reformieren, sollten Staaten sie möglichst aufkündigen.

Der Ausgangspukt der Studie ist: Wenn die Erderhitzung unter zwei Grad Celsius gehalten werden soll, muss laut Klimaforschung ein großer Teil der Kohle-, Öl- und Gasreserven in der Erde bleiben, das meiste bei Kohle. Die Staaten müssten also einen Teil der Kohleminen und auch manche Erdöl- und Erdgasquellen stilllegen und dürften vor allem keinerlei neue mehr erschließen lassen. 

Dann können aber Investoren, die Kapital in Förderstätten oder auch nur in deren Erkundung gesteckt haben, eine hohe Entschädigung für entgangene Gewinne verlangen. Zahlreiche internationale Verträge zum Schutz von Investoren sehen Schiedsgerichte vor, vor denen Anleger Staaten verklagen können, wenn neue Umwelt- oder Sozialgesetze die Gewinne zu schmälern drohen. So klagt derzeit zum Beispiel eine britische Firma, weil Italien eine geplante Bohrung vor der Küste nicht genehmigt, und eine kanadische will 15 Milliarden US-Dollar Entschädigung von der US-Regierung, weil sie ein Pipeline-Projekt beendet hat.

Klimaschutz wird für Regierungen teurer und riskanter

Von über tausend bekannten Schiedsverfahren entfallen laut der Studie knapp ein Fünftel auf Investitionen in fossile Energien, überwiegend Öl und Gas. Davon fast drei Viertel hätten die Investoren gewonnen, die Entschädigungssummen seien hier besonders hoch. Diese Fälle, so die Autorinnen und Autoren, werden stark zunehmen, sobald Regierungen mit Klimaschutz ernst machen. Unter anderem würden Anwälte bereits Konzerne beraten, ihre Investments so zu strukturieren, dass sie unter das eine oder andere Investitionsschutzabkommen fallen.

Das macht Klimaschutz für Regierungen teurer und riskanter – doch wie sehr? Das untersucht die Studie, indem sie Daten über Öl- und Gasprojekte mit solchen zum Investorenschutz vergleicht. Ergebnis: Wenn Projekte, die in der Erkundungsphase sind, beendet werden, sind mehr als 10.000 Verfahren gegen 97 Staaten möglich; einigen – besonders Mosambik, Guyana, Venezuela, Russland und Großbritannien – drohen Schadenersatzforderungen in zweistelliger Milliardenhöhe. Noch teurer wird es, wenn auch Projekte in der Bauphase abgebrochen werden. Das Risiko, so die Studie, wird Staaten zusätzlich zögern lassen, aus fossilen Energien auszusteigen.

Die bedeutendste Rechtsgrundlage für solche Verfahren ist laut der Studie der Energy Charter Treaty, dem 53 vorwiegend europäische und ex-sowjetische Staaten angehören; sie verhandeln zurzeit über seine „Modernisierung“. Solche Verträge auf dem Verhandlungsweg zu verbessern, halten die Forscherinnen und Forscher aber für wenig aussichtsreich. Sie raten stattdessen, bilaterale Schutzabkommen einseitig zu kündigen oder die Zustimmung zu Schiedsverfahren im Fall von fossilen Brennstoffen zu widerrufen, wie es einige Staaten schon getan hätten. Der Widerstand von Regierungen, die von der Förderung fossiler Energie leben, sei dafür das größte Problem.

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