Zum Spatenstich für die Addax-Bioethanolfabrik reisten im November mindestens zwei Schweizer Medienschaffende auf Kosten von Addax in das westafrikanische Land. Ihre Berichte in der „NZZ am Sonntag“ und in der Westschweizer Tageszeitung „Le Temps“ fielen wohlwollend und zum Teil auch NGO-kritisch aus.
Sebastian Bräuer von der „NZZ am Sonntag“ weist Kritik an der Reise jedoch zurück. Er habe lediglich zwei Tage am dem Programm von Addax teilgenommen, weitere drei Tage habe er unabhängig und alleine recherchiert. Addax habe zwar den Flug bezahlt, die Spesen in Afrika habe aber die Redaktion übernommen. Ihm und der Redaktion sei die grundsätzliche Problematik finanzierter Reisen bewusst. Statt jedoch „aus der Ferne“ über Addax zu berichten, habe man sich auf die Mischfinanzierung eingelassen unter der Bedingung, dass eine unabhängige Recherche möglich sei.
Autorin
Rebecca Vermot
ist Redakteurin bei der Schweizerischen Depeschenagentur sda und ständige Korrespondentin von "welt-sichten".Sein Bericht erwähnt denn auch einige Haken des Großprojekts und nimmt auch kritische Stimmen auf. Aber der Grundtenor ist eindeutig positiv. Die Journalistin von „Le Temps“ hingegen geißelt Brot für alle für die Bedenken und die Öffentlichkeitsarbeit gegen das Projekt in Sierra Leone. Und keine der beiden Zeitungen macht die Bezahlung der Reise durch Addax transparent.
Addax rechtfertigt die Reisen mit dem Medieninteresse
Addax erklärte, das Unternehmen habe den Medien immer offenen Zugang zum Projekt gewährt. Wie bei Pionier-Projekten üblich „sind die Berichte qualitativ verschieden und geben unterschiedliche Meinungen wieder – manchmal spezifische Ansichten statt der aktuellen Fakten vor Ort“. Angaben zur Anzahl bezahlter Journalisten-Reisen wollte Addax keine machen. Das Unternehmen rechtfertigt solche Reisen mit dem Medieninteresse, das das Projekt angesichts der wirtschaftlichen Wichtigkeit für Sierra Leone geweckt habe. Anlässlich des Spatenstichs hätten die Journalisten den Präsidenten des Landes sowie Minister, lokale Chiefs, NGO-Vertreter, Angestellte, Dorfbewohner und Experten treffen können.
Das 2008 gegründete Tochterunternehmen des Genfer Ölkonzerns Addax & Oryx Group hat in Sierra Leone zehntausende Hektar Land gepachtet, um auf 10.000 davon Zuckerrohr anzubauen. Aus der Biomasse soll ab Ende 2013 Bioethanol für den europäischen Markt gewonnen werden. Bei Recherchen zum Thema Land Grabbing stieß Brot für alle auf die 267-Millionen-Euro-Investition. Das Unternehmen befolgt zwar im Ansatz Richtlinien der UN und der beteiligten Entwicklungsbanken, dennoch haben Hilfswerke große Bedenken gegen das Vorhaben (siehe weltsichten 11/2010). Sie betreffen vor allem die Vernichtung von Ackerland, das vorher der Subsistenzwirtschaft gedient hat – auch wenn der Bevölkerung anderswo neue Reisfelder zur Verfügung gestellt werden. Laut Studien könnte auch die Wassernutzung durch Addax zu Konflikten führen.
Zudem enthalten die Verträge zwischen der Regierung von Sierra Leone und Addax Bioenergy umfassende Steuerbefreiungen und -erleichterungen sowie –dank Unternehmenssitzen in Steueroasen wie den Virgin Islands– Steuerschlupflöcher. Damit entgehen Sierra Leone, einem der allerärmsten Staaten der Welt, wichtige Steuergelder.
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