Die Ampel und die Eine-Welt-Arbeit

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Koalitionsvertrag
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Svenja Schulze (SPD) legt im Bundestag ihren Amtseid ab. Die frisch gekürte Entwicklungsministerin hat sofort mit Budgetkürzungen zu kämpfen.
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Die rot-grün-gelbe Regierung bekennt sich im Koalitionsvertrag zur Eine-Welt-Arbeit in Deutschland. Die neue Entwicklungsministerin könnte das mit einer Budgetentscheidung gleich unter Beweis stellen.

Was die Ampel-Koalitionäre vorhaben, liest sich zunächst einmal nicht schlecht für die Eine-Welt-Arbeit. Der Koalitionsvertrag bekennt sich zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen bis 2030 und zur Stärkung der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit sowie des Nationalen Aktionsplans zur Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), der für die Verbreitung der Nachhaltigkeitsziele in der Bevölkerung wichtig ist.

Jochen Steinhilber, bei der Friedrich-Ebert-Stiftung zuständig für Globale und Europäische Politik, hält diese Aussagen für wichtig, denn sie stünden für eine „große Wertschätzung für die entwicklungspolitische Bildungsarbeit“. Diese sei zentral, weil sie einen „Resonanzboden für Entwicklungszusammenarbeit“ in Deutschland schaffe, sagte er bei einer Veranstaltung des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags (BER) zur Bedeutung des neuen Koalitionsvertrags für die Eine-Welt-Arbeit. Aus dem Papier sei eine hohe Wertschätzung für die Zivilgesellschaft und für ehrenamtliches Engagement ablesbar, betont auch Venro, der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe, in seiner Stellungnahme zum Koalitionsvertrag.

Zehn Millionen Euro mehr oder weniger für die Bildungsarbeit?

Ein erster Test, ob die schönen Worte der harten politischen Realität standhalten, steht bereits an. Denn die neue Leitung des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) unter Ministerin Svenja Schulze steht gleich bei Amtsantritt vor der Frage, ob die im Haushaltstitel der alten Regierung für 2022 vorgeschlagenen Kürzungen bei der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit um rund zehn Millionen Euro umgesetzt werden oder nicht. Bis Redaktionsschluss Anfang Januar hatte das BMZ das noch nicht entschieden. Zum gegenwärtigen Stand könne man dazu keine Aussage treffen, sagte eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage. 
Weiterhin kündigt der Koalitionsvertrag an, dass die Vergabe- und Förderrichtlinien von BMZ und Auswärtigem Amt für Projekte nichtstaatlicher Hilfsorganisationen vereinfacht werden sollen – die hiesige Zivilgesellschaft fordert das schon lange. 

Aber will die neue Regierung auch gründlicher vor der eigenen Haustür kehren? Das fragte Sylvia Werther vom BER bei der Berliner Veranstaltung zum Koalitionsvertrag. Denn die zentrale Aufgabe in den kommenden Jahren werde die ökologische und soziale Transformation auch bei uns sein. Werther ist skeptisch, dass sich das ausreichend im Koalitionsvertrag spiegelt. Sie kritisiert, das Wachstumsparadigma werde nicht hinterfragt. „Auch grünes Wachstum wird die Klimakrise nicht aufhalten“, meint sie. Zumindest müsse man darüber diskutieren, welche Bereiche wachsen und welche schrumpfen sollen. 

Kritik: Koalitionsvertrag "vielfach zu vage"

Zur Transformation bei uns gehört, dass kein öffentliches Geld mehr in Produkte oder Dienstleistungen fließt, für die Menschen ausgebeutet werden oder die Umwelt geschädigt wird. Die öffentliche Hand in Deutschland soll nur noch einkaufen, was unter international akzeptierten sozialen, arbeitsrechtlichen und ökologischen Standards hergestellt wurde. Immerhin geht es dabei um mehr als 300 Milliarden Euro pro Jahr. Kommunen und teilweise auch Bundesländer haben sich in den vergangenen Jahren durchaus bemüht, ihren Einkauf umzustellen und etwa Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit zu vermeiden. Bislang handelt es sich dabei aber um einzelne Pilotprojekte oder Vorreiter-Initiativen, eine flächendeckende Umsetzung steht noch aus. Der Koalitionsvertrag kündigt dazu an, „die öffentliche Beschaffung und Vergabe stärker verbindlich nach sozialen und ökologischen Kriterien auszurichten“. Organisationen wie das CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung begrüßen das. Allerdings bemängelt CorA in seiner Stellungnahme, der Koalitionsvertrag bleibe „vielfach zu vage“. 

Die Regierung will laut Koalitionsvertrag den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte überarbeiten, um soziale und ökologische Kriterien in Produktion und Lieferketten verbindlich zu machen; zu diesem Zweck soll das Lieferkettengesetz verschärft werden. CorA fordert, in staatlichen Instrumenten wie der öffentlichen Beschaffung, der Außenwirtschaftsförderung oder der Subventionspolitik menschenrechtliche Standards stärker zu verankern. Dafür müssten „wirksame Maßnahmen und Ziele“ im überarbeiteten Nationalen Aktionsplan verankert werden.

Konkreter wird in diesem Punkt der Koalitionsvertrag der neuen Regierung des Landes Berlin. Er beschreibt, wie die rot-grün-rote Koalition den öffentlichen Einkauf in der Hauptstadt fair ausgestalten will: Man will die Vergabe bündeln, eine bereits geschaffene Kompetenzstelle für den fairen Einkauf stärken und stichprobenartig kontrollieren, ob die Vorgaben eingehalten werden. Eine innovative und faire Vergabe von Beschaffungsaufträgen soll in den zuständigen Vergabestellen geschult und „eine Kultur der Entscheidungsfreude“ etabliert werden, damit der gesetzliche Rahmen ausgeschöpft werden könne, heißt es im Berliner Koalitionsvertrag. Das ist zunächst einmal nur ein politisches Bekenntnis, gibt der Zivilgesellschaft aber Möglichkeiten zum Nachhaken.

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erschienen in Ausgabe 2 / 2022: Riskante Geschäfte mit der Chemie
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