Große Geberländer von humanitärer Hilfe sowie die großen, damit befassten UN-Organisationen haben 2016 im Grand Bargain versprochen, mehr Hilfe über lokale und nationale Organisationen zu leiten und diese zu unterstützen. Inwiefern die Corona-Pandemie die Einhaltung dieses Versprechens befördert hat, untersucht eine neue Studie der britischen Denkfabrik ODI. Ergebnis: Trotz der Pandemie hätten sich insgesamt keine signifikanten Änderungen ergeben. Soweit die schlechte Nachricht.
Die gute: Langsam aber sicher verschiebe sich die Diskussion von „sollte man“ zu „wie kann man“. Das liege auch an der Pandemie, schreiben die Autoren: Reisebeschränkungen und auch das Risikomanagement hätten große Hilfsorganisationen gezwungen, Aufträge an lokale und nationale Organisationen weiterzureichen. Das betreffe nicht nur Mittel zur Bekämpfung der Pandemie, sondern auch Fälle wie jenen im April 2020, als der Zyklon Harold den Inselstaat Vanuatu verwüstete. Wegen Befürchtungen, das Coronavirus dort einzuschleppen – Vanuatu hatte bis dahin keinen einzigen Fall vermeldet –, wurde ausländischen Helfern die Einreise verwehrt.
Noch keine Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Die Arbeit lokaler Hilfsorganisationen bewertet die Studie als gut: Die national geführten Hilfen bezögen lokale Gemeinschaften stärker ein, seien partizipativer und deckten die Hilfsbedürfnisse sehr genau. Aber wo internationale Hilfsorganisationen Geld an lokale weitergeleitet haben, haben sie das laut der Studie zumeist im Rahmen von Partnerschaften getan, die kleinere lokale Organisationen „als nicht gleichberechtigt betrachteten“. Das sei die zweite große Schwierigkeit neben der geringen Bereitschaft großer Organisationen, Verantwortung und Geld abzugeben: Große Geber hätten oft kaum Kontakt und keinen Bezug zu nationalen und lokalen nichtstaatlichen Organisationen.
Dabei könne es für internationale Hilfsorganisationen sogar überlebenswichtig sein, künftig auf Augenhöhe mit lokalen und nationalen zusammenzuarbeiten: „Decolonising aid“ sei zu einer Bewegung geworden und stoße auch eine Debatte über das „Vermächtnis von Kolonialismus und rassistischem Geschäftsgebaren“ in der Hilfsindustrie an. Aktivisten und Aktivistinnen wie die von Black Lives Matter hätten gesellschaftlichen Druck aufgebaut, dem sich die großen Organisationen nicht länger verwehren könnten. Die Studie empfiehlt deshalb erneut, dass internationale Hilfswerke und UN-Organisationen ihre Rolle neu definieren und lokale Kräfte fördern, statt sie zu ersetzen oder sogar zu untergraben.
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