Die Empfehlung ist eindeutig: Nur eine Neuverhandlung könne die Wahrung von Umweltstandards und Menschenrechten im Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay garantieren. Zu diesem Schluss kommt ein vom katholischen Hilfswerk Misereor und der Umweltschutzorganisation Greenpeace in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten.
Rund 20 Jahre hatte die EU-Kommission mit den Mercosur-Staaten über das Abkommen verhandelt. Ende Juni 2019 wurde eine grundsätzliche Einigung erzielt. Doch bevor das Abkommen in Kraft treten kann, muss es vom EU-Parlament und nationalen Regierungen ratifiziert werden. Umweltschützer und Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Abkommen scharf. Sie befürchten unter anderem, dass die Rodungen im Amazonasgebiet aufgrund des Imports von Rindfleisch und Soja weiter zunehmen.
Klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit fehlt
Bestimmungen zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte könnten das verhindern – doch die fehlen laut dem Rechtsgutachten in dem Abkommen weitgehend. So seien viele Bestimmungen im Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung „reine Absichtserklärungen“, schreiben die Autoren Rhea Tamara Hoffman und Markus Krajewski. Zudem seien manche Begriffe sehr vage gehalten. So verpflichteten sich die Vertragsparteien zwar, den Handel mit Produkten aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern zu fördern. Aber eine klare Definition dazu fehle. Damit entschieden die jeweiligen nationalen Gesetze, was unter einer nachhaltigen Bewirtschaftung zu verstehen sei. Die Rechtswissenschaftler von der Friedrich Alexander-Universität in Nürnberg monieren zudem, dass in dem Handelskapitel ein eigener Abschnitt zu den Menschenrechten fehle.
Mangelhaft sind den Autoren zufolge auch die Sanktionsmöglichkeiten. Verstoße eine Partei gegen die Nachhaltigkeitsverpflichtungen, könne zwar ein Sachverständigenpanel eingeschaltet werden. Handelssanktionen seien im Rahmen einer solchen Überprüfung aber nicht möglich. Dem Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung werde „durch das Fehlen von verfügbaren Rechtsmitteln seine Effektivität genommen“, schreiben sie.
Ob das Abkommen in Kraft tritt, ist derzeit unklar. Das EU-Parlament lehnt eine Ratifizierung ab. Die Autoren des Gutachtens empfehlen, das Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung nochmal zu öffnen und neu zu verhandeln. Dabei sollten die Vertragsparteien internationale Verträge und Konventionen zum Menschenrechts- und Umweltschutz berücksichtigen.
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