Korruption, Geldwäsche, Steuerbetrug: Jedes Jahr fließen Hunderte Milliarden Euro in sogenannten illegalen Finanzflüssen (illegal financial flows, IFF) um die Welt und landen gut versteckt auf Konten in Steueroasen. Genaue Zahlen gibt es naturgemäß nicht, fest steht aber, dass dieses Geld gut gebraucht werden könnte, um etwa Armut und Hunger zu bekämpfen und den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen näher zu kommen. Das gilt vor allem für Länder im globalen Süden, die ja aufgerufen sind, durch wirksame Steuersysteme mehr eigene Mittel zur Finanzierung ihrer Entwicklung aufzutreiben: Dort rechnen etliche Unternehmen mit allerlei Tricks oder kriminellen Machenschaften ihre Steuerschuld klein oder transferieren Gewinne ins Ausland.
Vor diesem Hintergrund haben die Vereinten Nationen (UN) vor einem Jahr ein Panel von 17 Fachleuten aus aller Welt eingesetzt, das Vorschläge für ein besseres System zur Bekämpfung illegaler Finanzflüsse auf internationaler Ebene machen sollte. Ende Februar hat das FACTI-Panel (Financial Accountability, Transparency and Integrity) nun seinen Abschlussbericht vorgelegt. Wichtigstes Ergebnis: Das Panel plädiert dafür, die internationale Steuerpolitik unter dem Dach der UN zu koordinieren. Zum einen solle dazu eine UN-Steuerkonvention verabschiedet werden, zum anderen der UN-Wirtschafts- und Sozialrat ECOSOC zu einer zwischenstaatlichen Institution für Steuerfragen ausgebaut werden. Außerdem plädiert das Panel für international abgestimmte Steuersätze auf Unternehmensgewinne, ein zentrales Eigentumsregister, das Licht ins Dunkel der oftmals undurchsichtigen Strukturen von multinationalen Unternehmen bringt, sowie einen besseren Informationsaustausch zwischen nationalen Steuerbehörden.
"Entwicklungsländer dürfen nicht länger Zaungast sein"
„Vom Klimaschutz wissen wir doch, dass wir nichts bewirken, wenn wir nicht global handeln“, sagte die frühere Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul Anfang März bei einer Online-Diskussion der Friedrich-Ebert-Stiftung, des Netzwerks Steuergerechtigkeit und des Global Policy Forum. Deshalb brauche es eine UN-Steuerkonvention, so wie es auch eine Klimaschutzkonvention gebe, sagte die SPD-Politikerin, die Mitglied des FACTI-Panels war. Zwar werden bereits heute im Rahmen der OECD oder der Financial Action Task Force (FATF) Steuerbetrug und Geldwäsche auf internationaler Ebene bekämpft. Allerdings mangelt es diesen Institutionen aus Sicht des FACTI-Panels an Legitimität, da die Länder des globalen Südens, etwa in Afrika, daran nicht von Beginn an beteiligt waren und keinen Einfluss auf die dort geltenden Standards und Verfahren hatten. „Die Entwicklungsländer dürfen nicht länger Zaungast sein“, sagte Wieczorek-Zeul; deshalb brauche es einen neuen globalen Pakt.
Im Bundesfinanzministerium sieht man hingegen keinen Bedarf an neuen Institutionen zur Bekämpfung illegaler Finanzflüsse. Schon mehr als 200 Staaten und Jurisdiktionen hätten sich bereits den FATF-Regeln gegen Geldwäsche unterworfen, erklärte Marcus Pleyer, der im Ministerium für das Thema zuständig ist. Alle Mitglieder würden nach den gleichen Standards geprüft. Auch im Entwicklungsministerium ist man skeptisch, ob es eine neue Behörde braucht. Gegebene Strukturen zu verbessern, sei im Zweifel besser als neue zu schaffen, antwortete der für die Agenda 2030 zuständige Unterabteilungsleiter Ingolf Dietrich auf die Frage, ob sich die Bundesregierung bemühen würde, das Sekretariat einer zu schaffenden UN-Steuerkonvention am UN-Standort Bonn anzusiedeln.
Federführung bei den Vereinten Nationen
Tove Maria Ryding vom europäischen Entschuldungsnetzwerk Eurodad begrüßte hingegen die Vorschläge des FACTI-Panels. Wenn etwa Entwicklungsländer dem OECD-Projekt gegen Steuerbetrug beitreten wollten, müssten sie Tausende Seiten Regeln unterschreiben, an denen sie nicht mitgewirkt haben. „Es geht nicht darum, nett zu den Entwicklungsländern zu sein und sie großzügig einzuladen“, sagte Ryding. Und es gehe nicht um OECD versus Entwicklungsländer, nötig seien vielmehr neue Koalitionen, denn „die größten Steueroasen sind wichtige Industrieländer“.
Wieczorek-Zeul betonte, es sei dem FACTI-Panel nicht darum gegangen, bestehende Ansätze und Institutionen schlechtzureden oder abzuschaffen – im Gegenteil: „Es muss Schluss damit sein, dass die UN und die OECD gegeneinandergestellt werden.“ Sie müssten stattdessen in die gleiche Richtung arbeiten; das „unfruchtbare Gegeneinander“ müsse aufhören. Klar ist aber, dass das Panel die Federführung im Kampf gegen illegale Geldflüsse künftig bei den Vereinten Nationen sehen will.
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