Die Treibhausgase aus dem Handel

Emissionsbilanzen
Im internationalen Klimaregime werden Treibhausgase dem Produzentenland zugerechnet, in dem sie freigesetzt werden. Eine neue Studie schlägt vor, auch die Konsumenten verantwortlich zu machen.

Wenn Deutschland Stahl in China kauft, Fleisch in Argentinien und Erdgas in Russland, dann gehen die Emissionen, die bei der Produktion oder Gasförderung entstehen, auf das Konto der Lieferländer. Sollte nicht eher der Konsument verantwortlich sein – wer das Fleisch isst statt wer das Rind aufzieht?

Dieser Ansatz ist ebenfalls nicht sachgerecht, erklärt eine neue Studie aus dem MCC. Denn auch die Produzenten profitieren, etwa weil dort Einkommen entsteht. Die Studie ermittelt deshalb erstens, wie der internationale Handel die Emissionsbilanzen der Länder verändert, und schlägt zweitens ein Modell vor, die Verantwortung fair aufzuteilen. Das erste ist sehr aufschlussreich, das zweite überzeugt nicht recht.

Die Studie nutzt Daten, die Handelsflüsse nach Weltregionen und Produktgruppen aufschlüsseln und die für die Produktion anfallenden Emissionen angeben; sie beziehen sich auf 2014. Danach dominieren fünf Regionen die mit dem Außenhandel verbundenen Emissionsflüsse: China, die USA, die EU, Russland und Indien. In der EU und den USA übersteigen importierte Emissionen (also Importe von Gütern, für deren Produktion anderswo Treibhausgase entstehen) die Exporte bei weitem, bei den anderen drei Ländern ist es umgekehrt. Der mit Abstand größte Exporteur ist China, das 2014 Güter mit einer Treibhausgas-Last von über 2100 Megatonnen CO2-Äquivalenten ausführte: großenteils in die USA und die EU, in geringerem Maße auch nach Indien. Die EU importierte Emissionen auch aus Russland, die USA aus Mexiko, beide aus Indien.

Die Kosten der Klimaschäden einpreisen

Das MCC schlägt nun vor, diese Emissionen nach dem Kriterium aufzuteilen, wie stark jeweils Produzenten- und Konsumentenländer von klimaschädlich hergestellten Gütern profitieren. Dazu nehmen die Forscher an, es gäbe einen weltweiten Preis für Emissionen, der die sozialen Kosten der Klimaschäden deckt; sie rechnen mit 50 US-Dollar pro Tonne CO2. Dann wären die Preise der Güter höher, besonders die der klimaschädlichen; die Hersteller würden weniger verkaufen und die Konsumenten mehr zahlen. Mit einem vereinfachten ökonomischen Modell, das etwa den technischen Fortschritt außen vor lässt, wird dann berechnet, wie das die Zusammensetzung des Außenhandels ändern und jeweils Import- und Exportländer belasten würde. Im Umkehrschluss ergibt sich, in welchem Verhältnis sie jetzt davon profitieren, dass Emissionen nichts oder wenig kosten.

Das Ergebnis ist brisant: Der gesamte Außenhandel Europas und der USA würde deren Treibhausgas-Bilanz um 7 bis 8 Prozent erhöhen. Dabei würden Emissionen aus dem Handel mit China ungefähr zur Hälfte dem Produzenten – China – und den Konsumenten – EU und USA – zugerechnet. Die Emissionen aus Russlands Exporten werden dagegen überwiegend Russland selbst angerechnet. Denn Länder, die ihre Exporte weniger an Preisänderungen anpassen können und auf den Verkauf schmutziger Produkte angewiesen sind, profitieren mehr davon, dass Emissionen nichts kosten – und verlieren mehr, wenn ein Preis eingeführt wird.

Nur ein kleiner Teil der Emissionen von Ländern wie Russland – und wohl aller großen Erdölexporteure – würde damit künftig bei den Konsumenten ihrer Produkte verbucht. Ihr Anreiz bliebe, jeden Klimaschutz zu blockieren. Schon das zeigt: Der Nutzen dieses Modells ist fraglich – unabhängig von der Frage, wie schlüssig es ist. Wie die Verantwortung für Klimaschutz fair zu verteilen ist, kann niemand „objektiv“ feststellen, es ist immer eine Frage der politischen Aushandlung. Der Vorschlag des MCC liefert nur weitere Argumente für diesen Streit.

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