Mehr Geld für die Anpassung, bitte! 

Klimafinanzierung
Die Klimafinanzierung der reichen Länder fließt vor allem in die Eindämmung des Klimawandels. Entwicklungsländer brauchen aber mehr Hilfe, um mit den Folgen fertigzuwerden. 

Corona hat die Welt durcheinandergebracht: Während die Pandemie Zerstörung bringt, schreitet der Klimawandel voran. Viele Länder sind heute mit nie da gewesenen Klimakatastrophen konfrontiert, seien es Hurrikane, Waldbrände, Überflutungen, sei es die Gletscherschmelze oder sei es der Anstieg des Meeresspiegels. Besonders stark leiden darunter arme Gemeinschaften, die sich nur eingeschränkt anpassen können. 

Insbesondere den am wenigsten entwickelten Ländern und kleinen Inselstaaten fehlen das Geld und  die Technologien, um sich an den Klimawandel anzupassen. Länder mit niedrigem Einkommen haben bereits Schwierigkeiten, ihren Entwicklungsbedarf in Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Nahrungssicherheit und Infrastrukturausbau zu erfüllen. Der Klimawandel kommt als weitere Belastung zu den bestehenden Problemen hinzu.

Im Rahmen des internationalen Klimaregimes sind die reichen Länder dafür verantwortlich, die fehlenden Ressourcen auszugleichen. Sie müssen den Entwicklungsländern helfen, sich vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Die für den Klimawandel ursächlich verantwortlichen Industrieländer haben sich daher mit der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) und dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet, die Entwicklungsländer finanziell, technologisch und beim Aufbau von Kapazitäten zu unterstützen. Im Jahr 2009 versprachen die reichen Länder, bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar dafür bereitzustellen. Bisher werden sie dieser Verpflichtung aber bei weitem nicht gerecht. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht von Oxfam zeigt, dass die öffentliche Klimafinanzierung, die reiche Länder den Entwicklungsländern zur Verfügung stellen, bei knapp 60 Milliarden US-Dollar pro Jahr liegt. Zieht man von diesem Betrag allerdings Kreditrückzahlungen, Zinsen sowie einfach als Klimafinanzierung umgewidmete Mittel ab, bleibt davon nur ein Drittel, also etwa 20 Milliarden US-Dollar pro Jahr. 

Autor

Raju Pandit Chhetri 

ist geschäftsführender Direktor des Prakriti Resources Centre, einer nichtstaatlichen Organisation für nachhaltige Entwicklung und Umweltgerechtigkeit in Kathmandu, Nepal.
Von diesem Geld ist nur ein geringer Teil für Anpassung (adaptation) vorgesehen. Der UNFCCC-Zweijahresbericht 2018 zeigt, dass die Gelder für den Klimaschutz deutlich stärker in die Eindämmung des Klimawandels (mitigation) fließen: Nur knapp ein Drittel der bilateralen Klimahilfsgelder der OECD-Länder unterstützen Anpassungsmaßnahmen. Ähnlich hat die OECD berichtet, dass von den rund 71 Milliarden US-Dollar, den ihre Mitglieder im Jahr 2017 für den Klimaschutz in den Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt haben, lediglich ein Fünftel für Anpassung ausgegeben wurde. Auch die Gelder von multilateralen Entwicklungsbanken werden zu 80 Prozent zur Eindämmung des Klimawandels ausgegeben; nur knapp 20 Prozent fließen in die Anpassung.

Angesichts des Bedarfs in vielen Entwicklungsländern müssen die Mittel für Anpassung deutlich erhöht werden – zumal die meisten von ihnen nur minimal zu den globalen Treibhausgasemissionen beitragen. Laut UNFCCC werden allein zur Deckung der Anpassungskosten in den kommenden Jahrzehnten jedes Jahr Investitionen in Höhe von bis zu 100 Milliarden US-Dollar nötig sein. Ein Bericht des UN-Umweltprogramms geht davon aus, dass die jährlichen Anpassungskosten in Entwicklungsländern im Jahr 2030 zwischen 140 und 300 Milliarden US-Dollar liegen könnten – je nachdem, wie heiß es wird.

Nur rund eine Milliarde US-Dollar sind wirklich geflossen

Bereits im Jahr 2001 einigten sich die Industrieländer bei der siebten Klimakonferenz in Marrakesch, die am wenigsten entwickelten Länder bei der Vorbereitung und Finanzierung eines Anpassungsprogramms zu unterstützen. Dabei erkannten sie die spezifischen Bedürfnisse und geringen Mittel dieser stark gefährdeten Gruppe von damals 49 Ländern an. Der UNFCCC wurde ein Anpassungsprogramm in Höhe von fünf Milliarden US-Dollar vorgelegt. Fast zwei Jahrzehnte später sind davon nur rund eine Milliarde US-Dollar wirklich geflossen. Der im Rahmen der Globalen Umweltfazilität eingerichtete Fonds für die am wenigsten entwickelten Länder ist leer und wartet auf den versprochenen Beitrag der Industrieländer. Auch der im Rahmen des Kyoto-Protokolls geschaffene und mittlerweile im Pariser Klimaabkommen verankerte Fonds für Anpassung in den Entwicklungsländern ist stark unterfinanziert. Eine lange Liste von Projekten wartet auf ihre Finanzierung.

Der Green Climate Fund ist ein weiterer weltweiter Fonds, der Maßnahmen zur Klimaanpassung finanziert; die Hälfte seiner Ressourcen sind dafür vorgesehen. Im Jahr 2019 konnte er über zehn Milliarden US-Dollar für die vier Folgejahre mobilisieren. Allerdings neigt auch dieser Fonds dazu, eher Projekte zur Eindämmung des Klimawandels zu finanzieren. Seit langem schon beklagen die Entwicklungsländer, dass es sehr lange dauert, bis der Fonds Vorhaben genehmigt und Mittel auszahlt. Sie kritisieren, er sei für Länder mit niedrigem Einkommen zu schwerfällig und die Konkurrenz mit anderen Ländern sei zu groß.

Anpassung ist kein lukratives Geschäft

Zudem hat der Fonds in letzter Zeit verstärkt Gelder beim internationalen Privatsektor eingeworben – etwa bei Banken, für die Anpassungsinvestitionen keine hohe Priorität haben. Die Privatwirtschaft investiert lieber in die Eindämmung, etwa in erneuerbare Energien, Infrastruktur und Transport. Das sind profitable Bereiche, die hohe Gewinne versprechen. Anpassung hingegen ist kein lukratives Geschäft und hängt von öffentlichen Geldern in Form von Zuschüssen oder günstigen Entwicklungskrediten ab. 

Im Pariser Klimaabkommen hat sich die Weltgemeinschaft zum Ziel gesetzt, die globale Durchschnittstemperatur deutlich unter zwei Prozent des vorindustriellen Niveaus zu halten. Bis zum Jahr 2100 soll die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden. Doch nach den Prognosen des Climate Action Tracker steigt die globale Mitteltemperatur bis 2100 auf 3,9 Grad Celsius, wenn es bei den derzeitigen klimapolitischen Bemühungen bleibt. Viele Menschen und Gemeinschaften würden die Folgen eines solchen Klimawandels nicht überleben. Sie müssten hungern, würden ihre Lebensgrundlage verlieren oder wären gezwungen auszuwandern. Voraussichtlich würden viele Menschen sterben und Ökosysteme zerstört. Die Kosten dieses Schadens sind noch nicht abzuschätzen.

Deshalb muss gleichzeitig in Anpassung und Eindämmung investiert werden. Wenn keine konsequenten Maßnahmen zur Eindämmung ergriffen werden, treibt das die Kosten für die Anpassung deutlich in die Höhe. Dabei sollten vor allem Länder mit hohen Emissionen und größeren Anpassungskapazitäten auf Eindämmung setzen. Anpassung dagegen sollte der Fokus in Entwicklungsländern sein, die kaum Emissionen produzieren, aber großen und dringenden Anpassungsbedarf haben. Arme und verletzliche Entwicklungsländer können diesen Kampf nicht allein kämpfen. Die Industrieländer müssen ihre Versprechen mit einem umfassenderen und stärkeren Gefühl für Verantwortung und globale Solidarität ernst nehmen und einlösen. 

Aus dem Englischen von Carola Torti.

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erschienen in Ausgabe 12 / 2020: Auf die Heißzeit vorbereiten
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