Auf der Erde hungern 822 Millionen Menschen, 135 Millionen von ihnen haben so gut wie nichts oder sehr wenig zu essen. Die Corona-Pandemie ist ein zusätzliches Problem, das den Menschen das Überleben schwermacht, die ohnehin unter Armut leiden und besonders verwundbar sind. Doch die eigentlichen Ursachen für die Not liegen tiefer und werden auch nicht von alleine verschwinden. In dieser Kolumne möchte ich die Aufmerksamkeit auf eine Erfolgsgeschichte lenken, aus der sich einiges ableiten lässt.
Fastenopfer unterstützt seit Jahren Landwirtinnen und Landwirte in acht kenianischen Distrikten mit agrarökologischen Methoden. Diese sind Teil einer alternativen Form der Landwirtschaft, die sowohl ökologische als auch soziokulturelle, wirtschaftliche und politische Dimensionen berücksichtigt, um Ernährungssicherheit zu erreichen. So tragen bestimmte Baumstrukturen dazu bei, dass die Böden angesichts langer Trockenphasen mehr Wasser halten können, oder es werden besonders resistente Pflanzensorten genutzt.
Als Covid-19 im März in Kenia ausbrach, planten unsere Partnerorganisationen gerade mit den Bäuerinnen und Bauern an 21 Baumschulen, die Regenfälle von März bis Mai zum Pflanzen zu nutzen. Die Baumschulen verfügten über rund 15.000 Waldbaum- und 50.000 Obstbaumsetzlinge. Die mussten trotz Corona so schnell wie möglich verteilt werden. Zusammen mit den Dorfältesten arbeiteten die Bäuerinnen und Bauern eine Strategie aus, wie die Setzlinge trotz der Umstände noch gepflanzt werden konnten. Dazu wurden Handwaschanlagen errichtet und ein Plan erstellt, nach dem die Projektteams die Setzlinge an einem bestimmten Ort ablegten, an dem sie danach von einzelnen Leuten abgeholt wurden. So konnte der erforderliche Mindestabstand eingehalten werden.
Gesunde Ernährung auch während dem Lockdown
Wichtig ist, dass die Bäuerinnen und Bauern auch während eines Lockdowns über eigenes und nahrhaftes Gemüse verfügen und sich und ihre Familien gesund ernähren können. Das macht sie zugleich unabhängiger vom Markt, dessen Preise und Verfügbarkeiten in Krisen stark schwanken. So zeigten sich die örtlichen Gemeinschaften durch den agrarökologischen Ansatz deutlich robuster und belastbarer als die Gemeinschaften in anderen Regionen.
In Krisen zeigt sich, wie bedeutend eine lokale Landwirtschaft und Versorgung ist. Auch viele Menschen in den Industrieländern scheinen sich während des Lockdowns darauf besonnen zu haben, wie wichtig nachhaltige Landwirtschaft und regionale Kreisläufe sind. Genau dafür steht der Ansatz der Agrarökologie. Das Programm von Fastenopfer hat in Afrika viel Aufmerksamkeit in den Zeitungen und auch im Fernsehen erhalten. Sobald die Schulen in Kenia wieder öffnen, sollen die Schülerinnen und Schüler lernen, wie Waldgärten und biologisch-dynamische Gemüsegärten angelegt werden.
Regionale Ansätze bewähren sich in der Krise
Bereits Ende 2019 war Fastenopfer Mitorganisatorin der ersten Agrarökologie-Konferenz in Kenia. Nun gilt es, weitere Schritte zu unternehmen, um die Ansätze, die sich in der Coronakrise als besonders widerstandsfähig erwiesen haben, zu verstärken. Denn während Handel und Lieferketten zusammenbrachen, was viele in Armut gestürzt hat, haben die nicht-kommerziellen und regionalen Ansätze ihre Stärke gezeigt.
Dennoch ist zu befürchten, dass die Regierung diese Erfolge ignoriert und stattdessen weiterhin versuchen wird, aufgrund wirtschaftlicher Interessen die exportorientierte Landwirtschaft auszubauen.
Strategien zur Ernährungssicherheit helfen armen Bevölkerungsgruppen auf dem Land besonders gut, wenn sie vor Ort greifen und möglichst unabhängig von Faktoren wie Pestizid- und Düngerzufuhr oder auch von entfernten Märkten sind. Wenn auf dem Land weniger Hunger droht, mildert das auch den Migrationsdruck in die Städte. Wenn sich die Agrarökologie international stärker durchsetzt, worauf einige Initiativen nichtstaatlicher Gruppen, Beschlüsse der Welternährungsorganisation FAO und auch Ansätze der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA hoffen lassen, dann wird ihre Bedeutung in der Landwirtschaft zunehmen. Die Agrarökologie wirkt sich außerdem günstig auf das Klima und die Bodenfruchtbarkeit aus. Beides sind für die Landwirtschaft zentrale Faktoren, die durch den Ausstoß von Treibhausgasen und durch die industrielle Landwirtschaft unter Stress stehen.
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