Siegel auf dem Vormarsch

Verbraucherstandards
Verbraucherstandards können zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen beitragen. Regierungen sollten die Verbreitung von Sozial- und Umweltsiegeln unterstützen, fordert eine UN-Studie.

Siegel wie Rainforest Alliance, Fairtrade oder Naturland sollen sicherstellen, dass bei der Produktion von Gütern Umweltstandards und Menschenrechte eingehalten werden. Weltweit steigt die Zahl solcher Siegel seit den 1970er Jahren stark, wie eine Studie des UN Forum on Sustainability Standards (UNFSS) zeigt. Im Kakao- und Kaffeesektor etwa seien inzwischen jeweils knapp ein Viertel der weltweiten Anbauflächen zertifiziert. Auch in der Textil- oder Elektroindustrie gebe es immer mehr Siegel. Zu erklären sei das unter anderem mit der erhöhten Nachfrage nach ökologisch und sozial verträglichen Produkten.

Die Siegel können zum Erreichen der 2015 verabschiedeten UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) beitragen, argumentieren die Autoren. Ein große Übereinstimmung gebe es bei vielen Siegelstandards etwa mit SDG 12 (Nachhaltiger Konsum und Produktion) und SDG 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wachstum). Regierungen sollten deshalb die Verbreitung von Umwelt- und Sozialsiegeln fördern, um die UN-Nachhaltigkeitsziele voranzubringen.

Mehr Gewicht für Siegel bei Handelsabkommen

Potenzial sehen die Autoren im öffentlichen Beschaffungswesen. Das begründen sie unter anderem mit dessen volkswirtschaftlicher Relevanz. So gäben beispielsweise die EU-Mitgliedsstaaten im Durchschnitt jährlich 14 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Ausstattung öffentlicher Einrichtungen aus, etwa in Kommunen oder in Krankenhäusern. Wenn Regierungen bei der öffentlichen Beschaffung mehr Wert auf Produkte mit Nachhaltigkeitssiegeln legen, könnte das der Verbreitung von Produktionsstandards einen weiteren Schub geben. Ein Problem sei allerdings, dass es für manche Güter – etwa im medizinischen Bereich – derzeit kaum Standards gebe.

Ein größeres Gewicht sollte den Siegeln auch in Freihandelsabkommen eingeräumt werden, fordert die Studie. Bisher würden ökologische und soziale Standards in den Verträgen zwar oft betont, aber sie seien selten verbindlich. Die Autoren schlagen unter anderem vor, zertifizierten Gütern in Handelsabkommen Zollvorteile einzuräumen. Dabei benennt die Studie auch problematische Nebeneffekte, etwa dass manche Produzenten im Süden sich eine Zertifizierung nicht leisten können – obwohl sie die Standards auf ihren Plantagen erfüllen.

Nicht überzeugend ist, dass die Autoren alle Siegel über einen Kamm scheren. Manche freiwillige Standards wie Rainforest Alliance werden immer wieder von Fachleuten kritisiert, weil sie ihre Sozial- und Umweltstandards zu niedrig ansetzen oder die Kontrollmechanismen im globalen Süden nicht richtig funktionieren. Somit bleibt in der Studie unbeantwortet, wie hoch der Anteil effektiver und verbindlicher Sozial- und Umweltstandards in der Siegellandschaft ist. Das wäre aber wichtig, um einzuschätzen, ob sie wirklich zum Erreichen der SDGs beitragen.
 

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