Rückenwind für die internationale Zusammenarbeit

Erstmals hat die Schweizer Regierung, der Bundesrat, den Entwurf einer neuen Botschaft über die internationale Zusammenarbeit in eine öffentliche Vernehmlassung geschickt. Die Beteiligung war gut und die Zivilgesellschaft hofft, dass das gerade neu gewählte Parlament die Änderungswünsche aufgreift.

Mit 249 Eingaben wurden überdurchschnittlich viele Stellungnahmen für eine öffentliche Vernehmlassung eingereicht. Auf einer Pressekonferenz Ende Oktober zeigte sich Manuel Sager, Direktor der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), sichtlich erfreut: Die Botschaft für die internationale Zusammenarbeit der Jahre 2021 bis 2024 werde „nicht grundsätzlich infrage gestellt“. In den Eingaben habe es aber „Änderungswünsche“ und „viel Klärungsbedarf“ gegeben, sagte er und führte zehn Punkte auf, die am häufigsten zu Kritik und Fragen geführt hätten – darunter die Frage, welche Rolle die Armutsbekämpfung in der zukünftigen Schweizer Entwicklungszusammenarbeit spiele; die Kritik, dass sich die Strategie zu wenig an der Agenda 2030 ausrichte; die Forderung nach einer allgemeinen Erhöhung der finanziellen Mittel, insbesondere für Klimaprojekte sowie Zweifel an der Zusammenarbeit mit dem Privatsektor.

Sager bestätigte, dass die Armutsbekämpfung das „Kernstück“ der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit bleiben werde und räumte ein, dass die Agenda 2030 in der Botschaft zu wenig als Referenzrahmen hervorgehoben worden sei. Das Budget für die vier Jahre werde nicht über die angekündigten 11,37 Milliarden Franken erhöht, sagte er. Bei der Finanzierung von klimarelevanten Projekten strebe die DEZA jedoch einen Anstieg von den gegenwärtig 340 Millionen auf 400 Millionen Franken an. Zur Zusammenarbeit mit dem Privatsektor sagte Sager, diese sei ein „Mittel zum Zweck – und der Zweck sind die nachhaltigen Entwicklungsziele“.

Das NGO-Bündnis Alliance Sud fordert indes, die Kriterien für die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor zu präzisieren. Die Botschaft müsse deutlicher zum Ausdruck bringen, dass es der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit nicht um Schweizer Wirtschaftsförderung gehe. Außerdem dürfe die Erhöhung des Budgets für Klimaprojekte nicht zulasten der Armutsbekämpfung gehen. Kristina Lanz, bei Alliance Sud verantwortlich für Entwicklungspolitik, zeigt sich erstaunt über die vielen Eingaben von außerhalb des NGO-Sektors. Beispielsweise hätten sich Wirtschaftsvertreter klar dafür ausgesprochen, die Entwicklungshilfe an die UN-Nachhaltigkeitsziele zu knüpfen. „Das war schon eine Überraschung.“

Der Entwurf der Botschaft werde nun angepasst und im Februar dem Bundesrat vorgelegt, sagte Sager; im Herbst 2020 geht die Botschaft ins Parlament. Mit der öffentlichen Vernehmlassung hätten das Außen- und das Wirtschaftsdepartement erhofft, „die internationale Zusammenarbeit besser in der Bevölkerung und in interessierten Kreisen zu verankern“ und die Botschaft mit deutlicher Mehrheit durchs Parlament zu bringen, sagte Sager. Diese Rechnung könnte aufgehen.

Zudem ist das Schweizer Parlament seit den Wahlen im Oktober nun deutlich grüner, linker und feministischer: Die Grünen haben 16 Sitze dazugewonnen, und mit einem Anteil von 42 Prozent sind Frauen nun deutlich besser vertreten als vorher, auch im linken Lager; vor den Wahlen lag der Frauenanteil bei knapp 32 Prozent. Das erhöhe die Chancen, „dass wichtige Punkte in der Botschaft aufgenommen werden, die zeigen, dass die Schweiz ein langfristiges Interesse an einer stabilen, gerechten und nachhaltigen Welt hat und nicht kurzfristige Migrations- oder außenpolitische Interessen verfolgt“, sagt Lanz. Allerdings haben die Grünen, die Grünliberalen und die Sozialdemokratische Partei keine Mehrheit und müssen deshalb mit Mitteparteien und den Bürgerlichen Allianzen schmieden.

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erschienen in Ausgabe 12 / 2019: Armut: Es fehlt nicht nur am Geld
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