Der EU-Ministerrat hatte die Gruppe unter Vorsitz des österreichischen Wirtschaftswissenschaftlers und früheren EU-Funktionärs Thomas Wieser im April eingesetzt. Im Oktober legte sie ihren Bericht vor. Europa spiele in der globalen Entwicklungsfinanzierung eine gewichtige Rolle, stellen die Autoren fest, die auch nationale Finanzinstitutionen und die EU-Kommission in die Analyse einbezogen haben. Es bestünden aber thematisch wie geografisch „Überlappungen, Lücken und Ineffizienzen“ von Europäischer Investitionsbank (EIB) und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE).
Als Lösung entwirft der Bericht drei Szenarien, die jeweils zu einer „Europäischen Bank für Klima und nachhaltige Entwicklung“ führen. Im ersten Szenario würde diese aus der in London beheimateten EBWE heraus geschaffen. Die Bank würde ihr geografisches Mandat global ausweiten, im Gegenzug müsste die EIB ihre Aktivitäten außerhalb Europas stark reduzieren. Derzeit liegt der Schwerpunkt der EBWE im früheren Ostblock, denn sie wurde 1991 gegründet, um dort beim Übergang zur Marktwirtschaft zu helfen. Die Bank müsste ihren bisherigen Fokus auf den Privatsektor in Ländern mit mittlerem Einkommen weiten und den öffentlichen Sektor beziehungsweise Niedriglohnländer und fragile Staaten einschließen.
Für die EBWE spricht den Experten zufolge ihre starke Kultur als Entwicklungsbank. Das Haupthindernis liegt in der Eigentümerstruktur. Denn während die EIB im alleinigen Besitz der EU-Staaten ist, zählt die EBWE rund 70 Anteilseigner von Albanien über den Libanon bis zu den USA und Usbekistan. Die absolute Mehrheit, die die EU gegenwärtig (und auch nach dem Brexit) hält, würde für die strategischen Umbaubeschlüsse nicht reichen.
Option zwei sieht eine am Reißbrett entworfene neue Bank vor. Sie könnte einerseits passgenau auf ihre Aufgaben zugeschnitten werden. Andererseits sprächen nicht nur die hohen Startkosten gegen sie, warnt der Bericht. Auch beim Aufbau ihrer Expertise sei nicht als selbstverständlich anzunehmen, dass die beiden bestehenden Banken motiviert seien, mit ihren Ressourcen der neuen Bank zu helfen.
Nach Option drei bekommt die EIB eine auf Entwicklungsfinanzierung spezialisierte Tochter. Vorteilhaft aus Sicht der Weisen ist, dass die EU dies ganz allein ins Werk setzen könnte. Auch die Banking-Expertise der EIB wird gewürdigt, allerdings zugleich ihre geringe Risikobereitschaft hervorgehoben. Diese Einstellung müsste sie für die Entwicklungsfinanzierung grundlegend ändern.
Die Weisen empfehlen, die Optionen nun fachlich weiter auszuleuchten und gleichzeitig auf höchster politischer Ebene zu diskutieren. Das auf öffentliche Investitionsbanken spezialisierte NGO-Netzwerk Counter Balance erwartet von keiner der drei Optionen viel. EIB und EBWE würden derzeit in der Entwicklungspolitik keinen guten Job machen, erklärt Direktor Xavier Sol, der unter anderem Mängel bei Transparenz und bei Sorgfaltspflichten für die Menschenrechte kritisiert. Daher mache es keinen Sinn, einer von ihnen auf diesem Feld noch mehr Verantwortung zu geben. Wenn die EU es aber nicht schaffe, die bestehenden Banken zu reformieren, sei erst recht zweifelhaft, dass sie eine ganz neue vorbildliche Bank schaffen könne, meint Sol.Phillipp Saure
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